Rezension

Kampf gegen die Organmafia

Der Preis des Lebens - Bernhard Kreutner

Der Preis des Lebens
von Bernhard Kreutner

Bewertet mit 5 Sternen

„...Ein Mensch stirbt, damit ein anderer lebt. Die Entscheidung liegt bei Ihnen, alles andere nehme ich Ihnen ab...“

 

In der Schweiz führt Dr. Andrè Keller eine private Klinik. Er hat sich auf Organtransplantationen spezialisiert. Die nötigen Spender besorgt Dr. Eva Vekete. Der Kontakt mit ihr bedeutet für die Personen, dass sie nur noch wenige Stunden zu leben haben. Geschickt werden sie dazu in eine Falle gelockt. Eva ist es auch, die die Organe entnimmt. Die Empfänger wissen, dass für sie gemordet wird. Wie zynisch das klingt, zeigt das obige Zitat.

Bisher hat die Methode problemlos funktioniert. Doch dann fällt auf dem Wiener Zentralfriedhof ein Sarg zu Boden und zerbricht. Die Verantwortlichen reagieren verantwortungsbewusst und informieren die Polizei, als plötzlich zwei Leiche statt einer vor ihnen liegen.

Der Fall landet bei Hauptmann Michael Lenhart und Leutnant Sabine Preiss. Beide wurden zu einer Sondereinheit strafversetzt.

Der Autor hat einen fesselnden Kriminalroman zu einem äußerst brisanten Thema geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.

Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Er ist abwechslungsreich. Einerseits stellt er die emotionale Kälte der beiden Ärzte durch ihr Tun und Handeln sehr gut dar, andererseits gibt es auch humorvolle oder sarkastische Stellen, zum Beispiel diese.

 

„...Entscheidend ist das Individuum, der einzelne Mensch. Ein Idiot bleibt ein Idiot, egal wie viel Lametta seine Uniform schmückt...“

 

Die beiden Kriminalisten fallen deutlich aus dem Rahmen des Üblichen. Michael Lenhart hat einen Wiener Kabinettschef geohrfeigt, weil er für den Tod eines Zeugen verantwortlich war. Er steht zu seiner Tat und lässt sich nicht verbiegen. Die Ministerin hat die richtigen Konsequenzen gezogen. Michael wird nicht entlassen, nur strafversetzt, der Kabinettschef darf sich einen neuen Job suchen. Häufig hat Michael einen Ausspruch von Aristoteles auf den Lippen. Sein logisches Kombinationsvermögen ist zu bewundern. Es macht Spaß, seinen Gedanken zu folgen.

Auch Sabine hat es gewagt, einem ihrer Vorgesetzten Inkompetenz vorzuwerfen. Allerdings wird es sich hier als Glücksfall erweisen, dass Sabine in einer Spezialeinheit des Österreichischen Bundesheeres gedient hat. Außerdem hat sie Mathematik studiert.

Nicht zu unterschätzen ist Frau Wolf, die Vorzimmerdame von Brigadier Fritsch, Lenharts neuem Vorgesetzten. Sie fällt schon wegen ihres Wiener Dialekts auf. An ihr vorbeizukommen, ist kaum möglich. Allerdings weiß Lenhart sie zu nehmen, während andere sie unterschätzen..

Gut beschrieben werden technische Spielereien, die in dem Fall eine Rolle spielen. Die erste Frage, die sich nämlich für die Ermittler stellt: Wie kommen die Täter an die Gesundheitsdaten ihrer Opfer? Damit wären wir beim Thema Datenschutz und den Möglichkeiten, diesen zu umgehen. Im Gespräch der Ermittler klingt das so:

 

„...Ja, leider. Big Brother macht es möglich. Sie und ich als lebende Ersatzteillager für jene, die meinen, über dem Gesetz zu stehen...“

 

Zu den Höhepunkten im Buch gehören für mich die Gespräche, seien es Sabines raffinierte Verhörtechniken, die den Gegenüber genau dorthin bringen, wo sie ihn haben will, seien es die Gespräche von Michael und Sabine mit Beteiligten, wobei sich die beiden geschickt die Bälle zuspielen oder die Dialoge mit den Vorgesetzten. Spitzfindig beschreibt es am treffendsten. Michael trifft einen deutschen Kollegen, den man aufs Abschiebegleis gestellt hat. Köstlich, wie gekonnt die beiden beim Angeln miteinander kommunizieren. Hier ist ein Ausschnitt:

 

„...Interessant, wie bei der Schwarzen Witwe. Zuerst kämpft man um die Weitergabe der eigenen DNA und anschließend fördert man die Nachkommenschaft als Proteinquelle. Effizient, aber nicht unbedingt romantisch...“

 

Erschwerend kommt für die Ermittler hinzu, dass in den Organhandel Leute mit Geld und Macht verstrickt sind, die ihre Fühler bis in die oberen Etagen der Politik und die Geheimdienste ausgestreckt haben. Glücklicherweise ist die Ministerin integer genug, ihren Leuten den Rücken frei zu halten und etwaige Anfragen abzublocken oder abblocken zu lassen – manchmal mit sehr feinen Humor!

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Das liegt zum einen an den geradlinigen Ermittlern, zum anderen an den ausgefeilten Schriftstil. Außerdem hat mir der Autor klargemacht, dass die Gier nach Macht und Reichtum keine Grenze und keinerlei moralische Skrupel kennt.