Rezension

Kann den Hype leider nicht verstehen

Ein ganzes halbes Jahr - Jojo Moyes

Ein ganzes halbes Jahr
von Jojo Moyes

"Ein ganzes halbes Jahr" wurde mir immer wieder empfohlen, gleichzeitig habe ich den Hype um das Buch selbstverständlich mitbekommen, sodass ich um dieses Buch einfach nicht herumkommen konnte. Ich habe eine Geschichte, die an Autoren wie Marc Levy, Cecelia Ahern und Victoria Connelly erinnert, erwartet, aber leider war dies nicht der Fall. Ich will nicht unbedingt sagen, dass ich von dieser Geschichte enttäuscht bin oder diese gar schlecht ist, jedoch habe ich weitaus mehr erwartet und kann von daher den Hype um diese Geschichte nicht so ganz verstehen. Das Buch ist nett, ja, aber mehr auch nicht. Hätte ich das Buch nicht gelesen, hätte ich nicht sehr viel verpasst. Aber der Reihe nach...

Der Schreibstil ist an sich ganz nett. Die Geschichte liest sich trotz ihre immensen Logikfehler recht schnell und flüssig. Mich stört jedoch die Darstellung der Krankheit und die Darstellung der jeweiligen Pflege. Natürlich, es ist eine Geschichte, diese wirft aber ein vollkommen schlechtes Bild auf alles, was mit derartigen Krankheiten, bzw. Behinderungen zu tun hat. Es gibt jede Menge guter Pflegerinnen mit dem nötigen medizinischen Hintergrund, die die Stelle haben möchten und es wird ausgerechnet eine Person ausgewählt, die weder die Qualifikationen, noch die Lust auf den Job hat und dazu ständig überfordert nur Tee kocht und sich in der Küche versteckt. Es wird verantwortungslos dabei gehandelt und dies war mir doch an vielen Stellen zu viel, denn ich erwarte bei solch einer traurigen Thematik eigentlich die nötige Ernsthaftigkeit. Authentisch war dies nicht, von daher konnte ich mich allzu gut auf die Geschichte einlassen.

Die Ansätze waren definitiv vorhanden, dies kann ich der Autorin nicht absprechen, aber die Umsetzung ist doch stellenweise sehr unglücklich ausgefallen. Mir scheint es schon fast, als wollte man bewusst auf die Tränendrüse drücken, jedoch ohne dabei die Ahnung zu haben, was die Krankheit, bzw. die Behinderung und dessen Folgen tatsächlich bedeuten. Ich kann verstehen, wieso so viele Leser von der Geschichte gerührt sind und mit den Tränen gekämpft haben, bei mir hat dies nur leider absolut nicht angeschlagen. Natürlich hat mich die Geschichte nicht komplett kalt gelassen, aber wirklich gerührt hat mich diese eben nicht. Dazu hat mich die Geschichte an sehr vielen Punkten an "Ziemlich beste Freunde" erinnert.

Allerdings will ich jetzt nicht unbedingt sagen, dass die Autorin bei ihrem Werk alles falsch gemacht hat, denn die Ansätze und Lichtblicke sind definitiv da. So fand ich die Dialoge zwischen Will und Lou oftmals sehr unterhaltsam und zynisch, was dafür gesorgt hat, dass ich trotz der traurigen Thematik zumindest ab und zu schmunzeln konnte. Auch die Figuren waren mir zum Großteil sehr sympathisch und gut ausgearbeitet.

Ich hatte am Anfang zwar sehr große Probleme mit Lou, aber dies hat sich im Laufe der Geschichte dann doch gebessert. Am Anfang war sie mir ein wenig zu speziell. Ihre Familie ist auf ihr Gehalt angewiesen und alle halten so gut es geht zusammen, aber dann wurde sie mir bei der Auswahl ihrer Jobs doch ein wenig zu egoistisch und stur. Sie hat keine Ausbildung und hat immer nur in einem Café gearbeitet, das jedoch geschlossen hat. Kein Beruf ist ihr zu gut, alles ist zu anstrengend, zu langweilig oder einfach nicht auf ihrem Niveau. Dies ändert sich aber zum Glück. Ich konnte sie immer besser einschätzen und meine Meinung revidieren. Zwar ist sie nicht der sympathischste und liebenswerteste Buchcharakter aller Zeiten, aber dennoch sehr angenehm. Will fand ich dagegen schon deutlich unterhaltsamer und sympathischer. Die Art und Weise wie er mit seiner Behinderung umgeht, wird authentisch dargestellt und auch die zynische Denkweise ist der Autorin toll gelungen. Er weiß genau, wie es um ihn steht und er weiß auch genau, wie er mit seinem weiteren Leben umgehen möchte. Auch die anderen Figuren, insbesondere Lous leicht chaotische Familie, fand ich sehr unterhaltsam und sympathisch. Jeder in ihrer Familie hat seine ganz eigenen Macken, die mal mehr, mal weniger liebenswert sind, aber dennoch empfand ich die kleine Chaos-Familie als äußerst angenehm. 

Das Cover ist wirklich hübsch, passt aber meiner Meinung nach nicht unbedingt zu dieser Geschichte. Es wirkt mir eine Spur zu kitschig und zu romantisch, was so gar nicht zum Rest der Geschichte passen mag. Aber dennoch: Hübsch anzusehen ist es auf jeden Fall. Die Kurzbeschreibung hat mir dagegen sehr gefallen. Die Geschichte wird dabei gut und leicht dramatisch zusammengefasst, sodass es mich nicht wundert, dass so viele Leser auf dieses Buch neugierig werden. Gut gemacht!

"Ein ganzes halbes Jahr" ist eine nette und dramatische Geschichte, aber mehr leider auch nicht. Wäre nicht so ein dermaßen großer Hype um dieses Buch gemacht worden, hätte ich eventuell weitaus weniger erwartet, aber so waren meine Erwartungen enorm hoch, die nicht erfüllt werden konnten. Wären die Logikfehler weit weniger drastisch und hätte mich Lou von Anfang an mehr überzeugen können, hätte ich dieses Buch durchaus besser gefunden. So bleibt "Ein ganzes halbes Jahr" für mich eine nette Geschichte, die man lesen kann, aber nicht unbedingt muss. 

Kommentare

jasimaus123 kommentierte am 05. Oktober 2013 um 10:07

Schade das dich das Buch nicht überzeugen konnte, aber bei Büchern kommt es immer auf den Geschmack an. Jeder hat eine andere Meinung dazu und das ist auch gut so :) Ich war nämlich total begeistert von 'Ein ganzes halbes Jahr' und sofort neben meine Lieblingsbücher gestellt.

Liebe Grüße, Jasi :)