Rezension

Kann Käsekuchen glücklich machen?

Die Glücksbäckerin von Long Island - Sylvia Lott

Die Glücksbäckerin von Long Island
von Sylvia Lott

Bewertet mit 4 Sternen

Weil Marie in den falschen Mann verliebt ist, einen Lehrer und dazu noch evangelisch, schickt ihr Vater sie nach Amerika zu den Geschwistern. Marie und Rudolf verabreden, dass sie wieder zusammen kommen, wenn sie genug Geld gespart haben. Eigentlich sollte Ihr Bruder ja bald nach Amerika, doch der muss nun in Ostfriesland bleiben, um sich um den Hof und die Eltern zu kümmern. Kurz vorher erhielt Marie von ihrer Tante Frieda eine Rezept für Käsekuchen, der Menschen positiv stimmt. Dieses Rezept hilft ihr dabei, ihren Platz in Amerika zu finden.

Rona begleitet zig Jahre später ihren Großvater nach Long Island zum 90. Geburtstag von Marie. Es kommt nicht zur zu einer Aussprache zwischen den Geschwistern, sondern Rona erfährt viel über die Familie. Dadurch ändert sich auch ihr Leben.

Die Handlung spielt auf zwei Ebenen ab. Zum einen begleiten wir Marie durch ihr Leben, zum anderen begegnen wir Rona, die in einer Krise steckt und ihren Lebenssinn sucht.

Wir erleben die Aufbruchsstimmung in Amerika und die Lebendigkeit New Yorks, aber auch die Engstirnigkeit und Vorurteile in Deutschland. Tante Friede wurde schon von der Familie verstoßen, weil sie einen Juden geheiratet hat. Doch es sollte noch schlimmer kommen, wie Marie aus ihren Briefen erfährt. Maries Verlobter Rudolf verändert sich auch und schwärmt in seinen Briefen von dem aufstrebenden Deutschland.

Obwohl Marie es von Ostfriesland gewohnt war, hart zu arbeiten, muss sie feststellen, dass einem auch in New York nichts in den Schoß fällt. Der Coffee-Shop ihrer Brüder bietet zwar ein Auskommen, ist recht bescheiden. Bald schon drängt Marie auf eine gewisse Selbständigkeit, sie arbeitet in einer Fabrik für Tiefkühlkost, wird Empfangsdame in einem Schönheitssalon und heizt den Betrieb im Coffee-Shop mit ihrem Käsekuchen an. Marie ist sympathisch und tolerant, aber auch harmoniebedürftig. Dabei vergisst sie oft ihre eigenen Bedürfnisse.

Rona hat gerade mit Enttäuschungen zu kämpfen und muss sehen wie es weitergeht, deshalb begleitet sie ihren Großvater nach Amerika. In den Gesprächen mit Marie lernt sie nicht nur ein Stück Familiengeschichte kennen, sie lernt sich selbst auch ein wenig besser kennen und wird offen für Veränderungen.

Das Buch ist so interessant und flüssig geschrieben, dass ich es nicht aus der Hand legen mochte. Wer nur eine Liebegeschichte erwartet, wird überrascht werden. Es gibt so viele Informationen über das aufstrebende Amerika und dazu über die dunkle Zeit in Deutschland, dass es nie seicht ist und man oft nachdenklich wird. Die Charaktere sind authentisch beschrieben und ich konnte mich gut in sie hineinversetzen. Zum Schluss ging dann aber einiges recht flott und für mich ein wenig zu positiv. Es fehlte mir auch die Information, wie es mit Friedas Familie weitergegangen ist.

Ein sehr schöner und unterhaltsamer Roman.