Rezension

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Hillbilly-Elegie - J. D. Vance

Hillbilly-Elegie
von J. D. Vance

Bewertet mit 3 Sternen

J.D. Vance versucht es allerdings mit seiner Hillbilly-Elegie. Was ihm nicht gelingt, zumindest aus meiner Sicht. Aber es ist nicht die Geschichte von Häuptling Gelbhaar, sondern die Familiengeschichte des Autoren, der im niedergehenden Rust-Belt von Amerika der 80er und 90er aufwächst. Seine Mutter ist süchtig, sein leiblicher Vater nicht greifbar und bald schon nehmen die häuslichen Probleme überhand, so dass J.D. den Rest seiner Kindheit zum großen Teil bei seiner Großmutter verbringt. Trotz ihrer eigenen schwierigen Kindheit, versteht sie es dem Jungen in bester Hillbilly-Manier (Verletzt du meine Ehre, schlag ich zu.) ein Heimatgefühl zu vermitteln und ihn zum Lernen anzuhalten. Bevor er allerdings die Universitätslaufbahn einschlägt, verpflichtet er sich zum Militär. Dort eignet er sich Disziplin und den Umgang mit den alltäglichen Notwendigkeiten des Lebens (Kontoführung, Kaufverträge, etc.)an, bevor er dann auf der Universität das Netzwerken kennen- und für sich zu nutzen lernt.

Die Rückschlüsse für eine Gesellschaft in der Krise, die er aus seiner Ausnahmekarriere zieht, bilden ein recht eindimensionales Strickmuster ab, welches mir dann doch ab und an die Nackenhaare sträuben ließ. Vance ist der Meinung, dass nicht das marode Schulsystem Schuld trägt, schließlich hat er es ja auch bis zum Uniabschluss gebracht, sondern mangelnde Bereitschaft zum Glauben. Ein Glaube an Amerika, bekundet durch den Militärdienst, ein Glaube an Fleiß und harte Arbeit, welches durch ein Sozialsystem konterkariert werden würde (es sei denn, man bekommt Veteranenhilfe und/oder Stipendien, das ist in Ordnung).

Gleichwohl schätzt er die einmaligen Chancen, die seinen Werdegang maßgeblich beeinflussten, ist den Menschen, die ihm weiterhalfen, durch Halt und Informationen, dankbar. Dass dieses keine Strategie für alle Chancenlosen sein kann, dass damit grundsätzlich marode Strukturen nicht flächendeckend geflickt werden können, diese Erkenntniss fehlt in diesem Buch.

Das Buch wirft ein Schlaglicht auf einen Teil der amerikanischen Gesellschaft, mitreißend und intim, bietet aber keine Lösungsansätze, offenbart mir aber einen krassen Bildungsmangel in der Bevölkerung und beim Autoren.