Rezension

Katz und Maus

Lügenmädchen - Luana Lewis

Lügenmädchen
von Luana Lewis

Luana Lewis, die Autorin des Psychothrillers „Lügenmädchen“, ist ausgebildete klinische Psychologin, und die Erfahrungen ihrer Arbeit sind offensichtlich in ihren Erstling eingeflossen.

Es sind zwei Personen, die diesen Roman dominieren, nämlich Stella und Blue. Zwischen diesen beiden entspinnt sich ein unheilvolles Katz-und-Maus Spiel, wobei auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist, wer welche Rolle einnimmt. 

Es ist eine eiskalte Nacht, und die Psychologin Dr. Stella Davis wartet auf die Heimkehr ihres Mannes Max, als es an der Tür klopft. Sie hat ein traumatisches Erlebnis hinter sich, und kann seither nur durch den massiven Einsatz angstlösender und beruhigender Medikamente ein einigermaßen „normales“ Leben führen. Das nachdrückliche Klopfen an der Haustür verunsichert sie, aber in dieser Nacht schickt man noch nicht einmal einen Hund vor die Tür, und so öffnet sie.

Draußen steht ein durchgefrorenes junges Mädchen und bittet um Einlass. Abwimmeln lässt sie sich nicht, und so bittet Stella sie herein. Sie heißt Blue und verwickelt die Hausherrin in ein Gespräch, in dessen Verlauf sie die unglaublichsten Gründe für ihre Anwesenheit nennt: Einmal ist sie die Tochter des Ehemanns, dann seine Patientin, und schlussendlich seine Geliebte. Stella ist verwirrt und empfindet das Mädchen zunehmend als Bedrohung, sie möchte dass Blue verschwindet, aber alleine schafft sie das nicht, weshalb sie einen befreundeten Police Officer kontaktiert. Und nachdem dieser eingetroffen ist, wird es so richtig schräg…

Es sind zwei Zeitebenen, in denen Luana Lewis die Geschehnisse um ihre Protagonistin Stella Davis beschreibt. Zum einen natürlich die Gegenwart, in der das Mädchen Blue in deren geschützten Raum, ihr Haus, eindringt, zum anderen der unheilvolle Vorfall aus Dr. Davis beruflichem Umfeld, der ihr Trauma zur Folge hat.

„Lügenmädchen“ ist kein temporeicher Thriller, sondern bewegt sich eher auf der Ebene eines eindringlichen, subtilen Psychogramms und unterschwellig schwingt in jedem Satz ein bedrohlicher Unterton mit. Lewis erzählt leise und behutsam, gibt ihren Personen erst allmählich eine Geschichte und damit Tiefe. Sie lotet die menschlichen Abgründe aus, bringt Informationen ins Spiel, die auf den ersten Blick unglaubwürdig erscheinen, öffnet Spekulationen Tür und Tor.

Wer tiefgründige Psychothriller mag, die Wert auf einen logischen Aufbau legen und nicht nur auf schnelle Effekte, Grauen und Schockmomente abzielen, ist mit Luana Lewis‘ „Lügenmädchen“ bestens bedient.