Rezension

Kawakami in ungewohnter Manier

Am Meer ist es wärmer - Hiromi Kawakami

Am Meer ist es wärmer
von Hiromi Kawakami

Bewertet mit 4 Sternen

„Im nächtlichen, sich kräuselnden Meer von Manazuru versank ein brennendes Schiff. Aus dem Nichts kommen wir, und ins Nichts kehren wir zurück.“

„Manazuru“ (der Name einer kleinen, japanischen Stadt am Meer) ist der letzte Eintrag Reis in seinem Tagebuch. Kurz danach verschwindet er spurlos. „Am Meer ist es wärmer“ erzählt die Geschichte Keis, die versucht, den Verlust ihres Geliebten, 12 Jahre nach dessen Verschwinden, zu verarbeiten. Den Schlüssel dazu findet sie in Manazuru, einem Ort an dem durch geisterhafte Erscheinungen (meist in Form einer Frau, die mit der Protagonistin in den Dialog tritt) oder andere surreale Ereignisse, die Grenzen zwischen Phantasie und Realität zunehmen zu verschwimmen scheinen.

In „Am Meer ist es wärmer“ erlebt der Leser Hiromi Kawakami in einem ungewohnt melancholischen, surrealen Ton, der stark an die Bücher Murakamis erinnert. Die recht sparsam verwendeten, sprachlichen Mittel, sowie der stete Wechsel zwischen phantastischen und realen Elementen, die dem sonst sehr ruhigen Erzählfluss Dynamik verleihen, bauen steigende Spannung auf und geben der Geschichte einen gewissen Reiz. Allgemein ist dieses Buch so anders, als alle bisherigen Romane Kawakamis, aber keinesfalls schlechter, wenngleich sich, beispielsweise bei den zahlreichen Zwiegesprächen mit der Geisterfrau, einige Längen aufweisen. Dennoch wieder ein gelungener, lesenswerter Roman der Autorin zu einer interessanten, wenn auch bedrückenden Thematik (der Sehnsucht nach einem geliebten Menschen und die Verarbeitung des Verlustes) und mit einer authentischen, wehmütigen, vielleicht nicht ganz sympathischen Protagonistin, die auch nachhaltig auf den Leser wirken.