Rezension

Kein Glanzauftakt

Café Engel - Marie Lamballe

Café Engel
von Marie Lamballe

Bewertet mit 3 Sternen

Das Café Engel ist seit langem der Stolz von Ehepaar Heinz und Else Koch nebst Tochter Hilde, wo sich viele Künstler, aber auch hochrangige Politiker schon 1935 die Klinke in die Hand geben, liegt es doch genau in Reichweite der Oper und Theater. Während dessen wächst Luisa auf dem ostpreußischen Gut Tiplitz auf. Ihr Vater ist zwar der Gutsherr, doch ihr Mutter ist keine angemessene Partie, weshalb die beiden nicht heiraten können. Als der Gutsherr stirbt, werden Luisa und ihre Mutter vom Gut gejagt und bauen sich ein neues Leben in Stettin auf. Als 1945 kurz vor Kriegsende die Russen im Anmarsch sind, machen sich Luisa und ihre Mutter auf den Weg nach Wiesbaden, wo sie hoffen, bei Onkel Heinz Koch unterkommen zu können. Heinz selbst ist inzwischen in Kriegsgefangenschaft, doch das Café Engel hat den Krieg ohne große Blessuren überlebt und Hilfe und ihre Mutter Else müssen kräftig in die Hände spucken, um es nun nach Kriegsende wieder zum Laufen zu bringen. Als Luise auf einmal in Wiesbaden vor der Tür des Café Engel steht, geht Hilde ihr gegenüber sofort auf Distanz, sieht sie in ihr doch eine Rivalin. Allerdings wissen beide noch nicht, welches Geheimnis sie miteinander verbindet…

Marie Lamballe hat mit ihrem Buch „Café Engel – Eine neue Zeit“ den ersten Band ihrer Café-Engel-Trilogie vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und einfach gehalten, der Leser muss sich durch den ausführlichen Erzählstil etwas in Geduld üben, bis er richtig in die Handlung eintauchen kann. Durch die vielen wechselnden Perspektiven erhält der Leser Einblick in das Leben und die Gefühlswelt von Hilde als auch in Luisas Welt und die manch anderer. Obwohl es Krieg ist, unterscheidet sich das Leben der beiden Frauen sehr voneinander. Diese Unterschiede sowie die Kriegszeiten und die damit verbundenen Erlebnisse werden von der Autorin sehr gut geschildert. Der historische Hintergrund ist gut recherchiert und mit der Geschichte verwoben. Auch wenn Lamballe gut und detailverliebt erzählen kann, so plätschert die Handlung leider sehr vor sich hin, bis die beiden Frauen zum ersten Mal aufeinander treffen. Sicherlich ist es wichtig, die vorher stattfindenden Erlebnisse zu schildern, bis es so weit ist, allerdings wäre es etwas straffer besser gewesen, die Erwartungen des Lesers werden bei weitem nicht erfüllt in Bezug auf die Geschichte, die eigentlich Dreh und Angelpunkt ist.

Die Charaktere sind unterschiedlich ausgestaltet und in Szene gesetzt. Allerdings wirken sie alle irgendwie unnahbar, es fehlt ihnen an Wärme und Ausstrahlung, so dass der Leser sie aus der Distanz beobachtet, anstatt sich ihnen nahe zu fühlen und mit ihnen zu fiebern. Heinz Koch ist ein Träumer, der sich im Glanz der Künstler sonnt, die in sein Café kommen. Hilde sowie ihre Mutter Else sind tatkräftig und mutig, sie scheuen keine harte Arbeit, um sich ihr Auskommen zu sichern. Luise ist trotz ihres eher ruhigen Wesens ebenfalls eine starke Persönlichkeit, die so einiges durchmachen muss während ihrer Flucht. Julia ist eine Jüdin, die leider völlig beratungsresistent und naiv ist.

„Café Engel – Eine neue Zeit“ ist der Auftakt zu einer Trilogie um Familiengeheimnisse, die während Kriegszeiten ihren Beginn hat. Das Buch wird zwar angenehm erzählt, doch die Handlung lässt leider zu wünschen übrig und kann die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen. Als Lückenfüller geht es, aber eine Sogwirkung sowie Spannung sind hier leider gar nicht vorhanden. Eingeschränkte Leseempfehlung!