Rezension

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Kein Lichtblick

Die Welt in allen Farben - Joe Heap

Die Welt in allen Farben
von Joe Heap

Bewertet mit 2 Sternen

Die Leseprobe zu „Die Welt in allen Farben“ hat mir sehr gut gefallen, doch leider war dieses Buch insgesamt ganz und gar nicht nach meinem Geschmack. Ich habe mich streckenweise furchtbar gelangweilt und oft auch geärgert. Das Buch ist eine seltsame Mischung aus Erfahrungsbericht, Liebesgeschichte, Psychothriller und philosophischer Abhandlung. Ich habe das Gefühl, der Autor hat versucht, zu viel in diese Geschichte hineinzupacken. Herausgekommen ist nichts Halbes und nichts Ganzes.

Kate und Nova lernen sich in der Klinik kennen. Nova ist dort, weil sie nach 31 Jahren, in denen sie blind war, durch eine Operation das Augenlicht erlangt hat. Allerdings ist Sehen kein Prozess, den man von heute auf morgen lernen kann, und Nova hat Probleme mit ihrer neuen Realität. 

Kate hat nach einem Sturz Gesundheitsprobleme und ist ins Krankenhaus eingeliefert worden. Ihr Mann hat sie gestoßen, doch sie will dies nicht wahrhaben und deckt ihn. Die beiden Frauen fühlen sich zueinander hingezogen und helfen sich gegenseitig. Nach einiger Zeit, in der die Situation mit Kates Ehemann Tony eskaliert, zieht Nova bei Kate ein und sie kommen sich näher.

Was mich sehr gestört hat, ist, dass ich manchmal das Gefühl hatte, in der Geschichte geht es um zwei Kindergartenkinder. Da bauen sich zwei erwachsene Frauen eine „Sofaburg“ aus Decken und Kissen. Oder sie bekommen mitten in der Nacht Lust auf Süßes, schieben dem Mann an der Tankstelle einen großen Geldschein zu und bitten ihn, ihnen eine große Tüte mit Süßigkeiten und Knabbereien zu richten. 

Nova stellt sich sogenannte Sehregeln auf, in denen sie mal Banales, mal Philosophisches aufschreibt. Erkenntnisse wie „Ein Körper ist ein Ganzes“. Hallo? Sie hat die ersten dreißig Jahre ihres Lebens blind verbracht, nicht auf einem anderen Stern. Ist es für blinde Menschen etwa nicht selbstverständlich, dass ein Körper ein Ganzes ist?!

Leider gab es auch für mich in der ganzen Geschichte keine einzige Person, die mir sympathisch war oder mit der ich Empathie hätte empfinden können. Kate hat ihren Ehemann viel zu lange gedeckt und selbst den Kopf in den Sand gesteckt. Und Nova bleibt als Person sehr blass. Was macht sie, wenn sie nicht mit Kate in der Sofaburg kuschelt? Wie sieht ihr Leben außerhalb der Wohnung aus? Mit welchen Menschen hat sie Kontakt? Wenn von Nova die Rede ist, geht es immer nur um ihr Sehvermögen und die Art und Weise, wie sie die Welt wahrnimmt.

Ich habe mich schon lange nicht mehr so durch ein Buch gequält und lege es nach fast 400 langen Seiten äußerst frustriert zur Seite.