Rezension

Kein Liebesroman. Eher langweilig als fesselnd

Sweet Sorrow - David Nicholls

Sweet Sorrow
von David Nicholls

Bewertet mit 2 Sternen

Charlie Lewis ist 16 Jahre alt. Die Abschlussprüfungen liegen hinter ihm und der Sommer vor ihm. Allerdings sind seine Aussichten auf dem Sommer zwiegespalten, denn seine Freunde haben kaum Zeit für ihn, sein Nebenjob an der Tankstelle beschäftigt ihn nur 12 Stunden die Woche und seine Familie ist vor kurzem auseinandergebrochen. Seither wohnt er mit seinem arbeitslosen und depressiven Vater zusammen, dem Charlie lieber aus dem Weg geht. Durch Zufall lernt Charlie Fran kennen, die bei einem Sommertheaterkurs mit macht und ihn überredet ebenfalls einzusteigen. Da Charlie keine anderen Pläne hat, lässt er sich darauf ein. Das Stück, das am Ende des Sommers zur Aufführung kommen soll, ist Shakespeares Romeo und Julia. Für Charlie wird es ein Sommer voller neuer Erfahrungen und neuer Freundschaften. Er verlässt seine vertrauten Gewohnheiten und entdeckt dabei neue Seiten an sich.

Der Klappentext des Romans von David Nicholls verspricht eine Erzählung von der ersten Liebe, die der Protagonist nach fast 20 Jahren vielleicht wiedertreffen wird. Wer nun einen Liebesroman wie „Zwei an einem Tag“ erwartet, ebenfalls von Nicholls, der wird enttäuscht. „Sweet Sorrow“ ist ein Coming-Age Roman, welcher sich von der Handlung her vor allem mit dem 16-jährigen Charlie Lewis beschäftigt. Ein Junge in der Pubertät, der erleben muss wie seine Eltern nach der Geschäftsinsolvenz des Vaters sich in immer heftiger werdenden Streits auseinanderleben. Kurz vor seinen Abschlussprüfungen verlässt die Mutter mit der jüngeren Schwester die Familie, um zu ihrem neuen Lebenspartner zu ziehen. Sie lässt den völlig überforderten Jugendlichen mit seinem depressiven Vater zurück.

Der Sommer liegt endlos öde vor Charlie. Zu Hause fühlt er sich nicht wohl, seine Freunde haben lukrative Ferienjobs angenommen und so verbringt Charlie viel Zeit allein. Als er zufällig auf die Theatertruppe trifft, ist es für ihn die Möglichkeit der Tristesse des Sommers zu entkommen. Zudem findet er an Fran Fisher gefallen. Allerdings hat sich mir im Laufe des Romans nicht erschlossen warum.

Der Roman beschreibt total unwichtige Vorkommnisse in endloser Länge. Häufig erwartet man als Leser einen Sinn hinter diesen präzisen Schilderungen, der sich leider selten bis gar nicht zeigt. Die einzig spannenden Passagen betreffen Charlies Familiengeschichte. Wie konnte es zu diesem Bruch in der Familie kommen und wieso bürdet die Mutter ihrem Sohn diese Verantwortung auf? Sie Szenen mit dem Vater und die Wandlung, die Charlie im Bezug auf die Vater-Sohn-Beziehung durchmacht, ist für mich das einzig lesenswerte in dem Buch.

Ansonsten habe ich kaum Zugang zu den sehr farblos angelegten Figuren gefunden. Auch die viel beworbene erste Liebe, konnte ich nicht herauslesen. Meiner Ansicht nach handelt es sich in erster Linie um das erste Mal Sex. Die angedeuteten Parallelen zu Romeo und Julia wirken dadurch oftmals nur lächerlich.

Völlig deplatziert habe ich die Sprünge in die Gegenwart empfunden. Zwanzig Jahre später steht Charlie kurz vor der Hochzeit. Wieso das erzählt wird, ergibt gar keinen Sinn. Genauso wenig wie dieses Wiedersehenstreffen der Theatertruppe von vor zwanzig Jahren einen Sinn ergibt. Es war ein Sommerkurs, einige Wochen in den Ferien und danach gingen alle ihrer Wege. Aus welchem Grund organisiert da jemand ein Treffen??? Für den Roman ist es absolut nicht notwendig die Geschichte in der Gegenwart weiterzuerzählen. Nur damit Fran und Charlie noch ein weiteres Mal aufeinandertreffen? Der Funke zwischen den beiden springt eh nicht über. Das hätte man sich sparen können.

Der Roman weiß nicht, was er sein will oder welche Geschichte er tatsächlich erzählen will. Er ist keinesfalls ein Liebesroman. Meiner Ansicht nach fehlt dem Roman die Fokussierung. Den Anspruch ein Roman über die erste Liebe zu sein, verfehlt die Geschichte komplett. Es werden zahlreiche Schauplätze eröffnet, aber wenige haben Bezug zu der eigentlichen Handlung bzw. bringen die Handlung in irgendeiner Weise voran. Die Erzählung holpert vor sich hin. Die Hälfte der Seiten sowie der Fokus auf Charlies Erwachsenwerden, hätte die Romanhandlung in Fahrt gebracht und einen Spannungsbogen aufgebaut. So ist der Roman einfach nur viel zu langatmig und am Ende habe ich mich gefragt, welchen Sinn die Geschichte verfolgt. Von dem Roman wird bei mir nichts hängen bleiben. Ich habe mich fast durchweg gelangweilt.