Rezension

Kein Mensch ist eine Insel

Die Roseninsel -

Die Roseninsel
von Anna Reitner

Bewertet mit 4 Sternen

Ein atmosphärischer Wohlfühlroman, der alle Sinne anregt und zum Durchatmen und Wegträumen einlädt.

"Der Rosengarten lag wie im Schlaf vor ihr, die Kronen der Bäume und die Giebel der Villa hoben sich schwarz gegen den nachtblauen Himmel ab. So viel Geschichte auf diesem kleinen Flecken Grün im Starnberger See, dachte sie, so viele Verwandlungen und Veränderungen über die Zeiten. Diese Insel hatte so viele Menschen und ihr Leben gesehen, ihre Hoffnungen, Träume. Und jetzt meines, dachte Liv. Zumindest einen kleinen Teil davon." - Die Roseninsel, Seite 298

Herzlichen Dank an Vorablesen und den Ullstein Taschenbuch Verlag für die Bereitstellung des Printexemplars. Der Roman „Die Roseninsel“ erscheint am 29. März 2021.

Darum geht’s:

Nach einem erschütternden Erlebnis braucht die junge Ärztin Liv eine Auszeit und nimmt kurzentschlossen eine Vertretungsstelle als Gärtnerin auf der Roseninsel im Starnberger See an. Mit der Ruhe und Einsamkeit auf der einsamen Insel ist es allerdings bald vorbei, denn einerseits mischt sich Johannes, der Sohn des „Seewirts“, in ihr Leben ein und andererseits findet sie ein verstecktes Tagebuch aus dem 19. Jahrhundert, das die Geschichte der jungen Magdalena sowie der Insel enthüllt und Liv in ihren Bann zieht.

Mein Leseerlebnis:

Bereits nach den ersten Seiten breitet sich ein wohliges Gefühl in mir aus. In Liv, die dringend eine Auszeit braucht, kann ich mich gut hineinfühlen und die Roseninsel wird als kleines Paradies beschrieben, das sicherlich der richtige Ort für sie ist. Die bayerische Mundart und die leckere Brotzeit haben mir ein breites Grinsen ins Gesicht gezaubert und lassen mir das Wasser im Mund zusammenlaufen. Was würde ich gerade darum geben, in einem bayerischen Wirtshaus zu sitzen…

Anna Reitners Schreibstil bleibt konstant flüssig, leicht und bildhaft. Der Roman ist durchgängig eine Anregung für alle Sinne: Gerüche, Geräusche und Geschmäcker begleiten den Lesegenuss. Das macht das Buch zu einem Pageturner, der ruckzuck weggelesen war.

Etwas Spannung kommt beim Fund des Tagebuchs und dem Beginn von Magdalenas Geschichte auf, die ebenfalls leicht verständlich geschrieben ist. Der Roman wechselt danach kapitelweise zwischen den Zeitebenen und Protagonistinnen. Beide Erzählstränge habe ich gerne bis zuletzt verfolgt und wollte auch wissen, wie sie enden. Die Spannungskurve verläuft für mich danach in beiden Ebenen allerdings am unteren Limit. Die Lektüre ist bestens geeignet, wenn man mal eine Pause von Nervenkitzel und Action haben möchte.

Auch atmosphärisch hat mir der Roman sehr gefallen. Beide Protagonistinnen erleben ein Wechselbad der Gefühle, das ich nachvollziehen und empathisch nachempfinden konnte. Die Motive der beiden Frauen und ihre Handlungsweise sind logisch und niemals melodramatisch oder überzogen. Die Insel mit ihrer schönen Natur und Stille wirkt dabei wie ein beständiger Ruhepol. Die Liebesgeschichten wirken ebenfalls authentisch und nehmen den Geschichten der beiden Frauen nicht zu viel Raum. Ich habe sie an keiner Stelle als kitschig empfunden.

Als Fan von gut recherchierten historischen Romanen war ich enttäuscht, dass die geschichtliche Zeitebene, bis auf ein paar Randfiguren, fiktiv ist. Da das Buch aber nicht als historischer Roman kategorisiert ist, ist dies im Rahmen der künstlerischen Freiheit natürlich völlig in Ordnung.

Fazit: ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️

DIE ROSENINSEL ist ein atmosphärischer Wohlfühlroman, der alle Sinne anregt und zum Durchatmen und Wegträumen einlädt. Ich empfehle ihn als kleine Entspannungspause im stressigen Alltag oder zum Atemholen zwischen spannenden Thrillern.