Rezension

Kein reiner Reisebericht, kein Ratgeber, sondern eine schöne Mutter-Tochter-Geschichte, die zum Nachdenken anregt

Mit Mutter ans Meer
von Edith Einhart

Bewertet mit 4 Sternen

Zum Inhalt:

Eigentlich hatte die 44jährige Journalistin Edith von einem Urlaub mit dem Liebsten in Südengland geträumt. Doch stattdessen endet sie mit ihrer reiselustigen Mutter für eine Woche an der Ostsee. Nun ja, warum nicht? Immerhin ist das Verhältnis zwischen Edith und Mutter Heidi etwas angespannt, da könnte ein ausgedehnter Mutter-Tochter-Urlaub ja vielleicht endlich die Wogen glätten.

Doch bereits am Ankunftsflughafen treibt Heidi ihre Tochter zum ersten Mal in den Wahnsinn, und Edith zweifelt ernsthaft, ob ihr Plan so schlau war. Doch nach und nach erkennt sie: Auch Mütter sind nur Menschen. Und jeden Tag rücken die beiden Frauen ein bisschen näher zusammen.

Meine Meinung:

Mutter Heidi ist so ganz anders als meine eigene Mutter. Sie reist sehr gerne (Sie fliegt jedes Jahr alleine zum All inclusive-Hotelurlaub in die Türkei, weil der Gatte nicht mitmöchte.), ist auch noch mit fast 70 ein optischer Kracher (Es wird oft betont, wie schlank und attraktiv sie ist, und alle Männer flirten mit ihr.) und sehr junggeblieben. Zudem hatte sie eine sehr unschöne Kindheit mit einer bösartigen Mutter, die ihr nie Liebe gezeigt hat. Meine Mutter verreist nie, und sie macht sich auch nicht viel aus Äußerlichkeiten, ist auch schon seit jeher kräftiger gebaut und nicht sehr offen für Veränderungen. Dafür hatte sie eine liebevolle Kindheit, von der sie gerne erzählt – ein Punkt, der Gold wert ist und dessen enorme Bedeutung mir nun noch deutlicher wurde nach Lektüre dieses Buches.

Auf der anderen Seite hat auch Mutter Heidi viele, teils nervige Verhaltensmuster, die ich natürlich auch von meiner Mutter kenne. Das Geglucke, das Nicht-Zuhören, das Unverständnis für Ansichten der nächsten Generation,...

Die Autorin und mich trennen zwar 12 Jahre, aber mit ihr habe ich doch etliche Gemeinsamkeiten, v. a. was unsere Ansichten über die hier angesprochenen Themen betrifft. Deshalb fand ich ihre Überlegungen und Ausführungen meist ziemlich interessant und konnte sie auch gut nachempfinden. Diese Passagen, in denen Edith sich so ihre Gedanken macht, nicht nur um das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter, sondern z. B. auch zu den Themen Beziehungen, Freundschaften und Kinder(losigkeit), könnten Leser stören, die hier einen reinen Reisebericht erwarten. Ein klassischer Reisebericht ist dieses Buch aber nicht!

Der Urlaub von Edith und ihrer Mutter Heidi ist eher unspektakulär, wenngleich er mir – wie z. B. auch die Romane von Dora Heldt – mal wieder Lust darauf gemacht hat, Urlaub in Norddeutschland zu machen. Aber hier steht definitiv die Beziehung zwischen Mutter und Tochter im Fokus. Und natürlich speziell die Beziehung zwischen der Autorin und ihrer Mutter.

Nicht jeder wird sich mit den beiden identifizieren können, deshalb sollte man nicht erwarten, dass dieses Buch ein Ratgeber sein kann für alle Töchter, die mit ihrer Mutter nicht so 100%ig klarkommen oder diese besser verstehen möchten. Wie ich weiter oben schon erwähnte, ist Mutter Heidi ganz anders als meine eigene Mutter, deshalb könnte ich dieses Buch nicht 1:1 auf mein Mutter-Tochter-Verhältnis übertragen. Sicherlich wird es auch vielen anderen Leserinnen so gehen. Ich denke jedoch nicht, dass dies der Zweck der Autorin war, sondern dass sie hier lediglich einen Anstoß geben möchte, über das eigene Mutter-Tochter-Verhältnis nachzudenken, und mehr Verständnis zwischen den Generationen wecken möchte. Dies ist ihr meiner Meinung nach eindeutig gelungen!

Interessant und spannend fand ich die Ausführungen der Autorin dennoch, in vielem konnte ich mich (oder meine Mutter) wiedererkennen. Und auch den Urlaub im Norden fand ich nett beschrieben.

Ein kurzweiliges, unterhaltsames Buch, das hier und da Denkanstöße gibt und welches jede Tochter (und jede Mutter!) ruhig mal lesen sollte.