Rezension

Kein Wasser, vielleicht nie mehr

Dry - Neal Shusterman, Jarrod Shusterman

Dry
von Neal Shusterman Jarrod Shusterman

Bewertet mit 4 Sternen

Als Alyssa den Wasserhahn betätigt, geschieht nichts. In ihrem Haus funktionieren die Wasseranschlüsse nicht. Die Wasserversorgung im gesamten Wohnviertel ist versiegt. Rasch ist klar, dass es nicht nur die Stadt sondern ganz Kalifornien betrifft.

Neal und Jarrod Shusterman thematisieren mit "Dry" die Wasserknappheit in Kalifornien, und was geschieht, wenn der Colorado River kein Wasser mehr in den Bundesstaat bringt.

Dazu hat sich das Autorenduo jugendlicher Figuren bedient, die dem Leser die Ereignisse vor Augen führen.

Alyssa ist eine normale Teenagerin. Sie lebt in einer Wohnsiedlung in Los Angeles, hat nette Eltern, einen jüngeren Bruder namens Garrett und einen nerdigen Nachbarn, der ihr gehörig auf die Nerven geht.

Kelton lebt neben Alyssas Familie. Seine Eltern sind zwar nicht normal, dafür sind sie als Preppers auf das Ende der Welt vorbereitet. Zumindest ist sich Kelton dessen sicher, bis das Ende der Wasserversorgung in Los Angeles kommt.

Anhand von Alyssa steigt man in das Geschehen ein. Der Wasserhahn ist versiegt, wenig Flüssigkeit befindet sich im Kühlschrank, und Alyssa steuert mit ihrem kleinen Bruder den nächstgelegenen Supermarkt an. Nach wenigen Stunden Wasserknappheit gerät das soziale Gefüge bereits aus den Fugen - es wird gerempelt, die Menschen stürzen sich gierig auf die letzten Tropfen, es gibt kein Pardon vor Verlusten, weil jeder nur das eigene Überleben vor Augen hat.

Damit zeigen Neal und Jarrod Shusterman wie rasch Panik um sich greifen kann. Meiner Meinung nach ist es durchaus ein realistisches Bild, dass Menschen in der Gruppe von der ersten Stunde an in Panik geraten. Doch noch während man bei den verstörenden Szenen im Supermarkt ist, ergeben sich im Folgenden ernüchternde Szenen, die meinem Empfinden nach sehr nah an der Realität sind.

Die Politik weiß sich nicht zu helfen. Städten beziehungsweise dem ganzen Staat mangelt es an Vorbereitung. Militär und wütende Mobs treten auf den Plan, während die Dehydration um sich greift, und aus zivilisierten Menschen rohe Tiere macht.

Neben den Perspektiven von Alyssa und Kelton bauen die Shustermans sogenannte Snap Shots ein. Dabei handelt es sich um kurze Episoden aus anderen Bereichen der Stadt. Egal ob Reporter, Piloten oder Personen im Stau - diese Sequenzen ergänzen die Perspektiven der Jugendlichen, um im Endeffekt einen breiteren Blick auf das Umfeld zu ergeben.

Die Handlung an sich ist ziemlich typisch vom Verlauf. Zwar ist Neal Shusterman für seine Schockmomente bekannt, hat sich hier in der Zusammenarbeit mit seinem Sohn wohl zurückgehalten, weil das Autoren-Duo nah am glatten Katastrophen-Szenario mit Endzeit-Flair bleibt.

Mir hat "Dry" richtig gut gefallen. Zwar sind manche Gedankengänge für mich als Europäerin ungewohnt, weil es weder tonnenweise Eiswürfel im hiesigen Supermarkt gibt, noch in meiner Gegend Menschen leben, die auf die Apokalypse vorbereitet sind, dennoch regt dieses Werk zum Nachdenken an, während es gleichzeitig unterhaltsam ist.

Im Endeffekt ist „Dry“ ein packend-realistisches Szenario, das aufgrund der verschiedenen Perspektiven dynamisch und fesselnd zu lesen ist. Wer gern von Katastrophen oder dem nahenden Ende liest, hat hiermit die richtige Lektüre bei der Hand.