Rezension

Kein Whodunit, mehr ein Familienporträt

Das Geheimnis der Grays - Anne Meredith

Das Geheimnis der Grays
von Anne Meredith

Bewertet mit 2 Sternen

Es ist Weihnachten im Jahre 1931, als Adrian Gray von einem seiner Gäste ermordet wird. Denn dieses Jahr hat sich ausnahmsweise die gesamte Familie mit ehelichen Anhängen im Hause der Grays versammelt. Motive gibt es in dieser Familie viele, doch wer war nun wirklich der Mörder? 

Um dies einmal schnell vorweg zu nehmen: Der Leser weiß sehr schnell, wer der Mörder von Adrian Gray ist. In diesem Buch geht es nicht darum, mit Finten und Tricks dem Mörder auf die Spur zu kommen, sondern vielmehr hat die Autorin ein Familienporträt gezeichnet, voller Personen, die grausam, durchtrieben und nicht wirklich liebenswert sind. 
Ich hatte mich vor Beginn des Kriminalromans auf eine eher typische Whodunit?-Geschichte eingestellt, da dieser im Klappentext mit Werken von Agatha Christie verglichen wurden. Deswegen war ich sehr erstaunt darüber, dass es sich eben nicht um eine eher klassische Form der Kriminalromane handelte, als der Mörder schon so früh bekannt wurde. Doch nachdem ich so kalt erwischt wurde, gewöhnte ich mich relativ schnell an die Handlung und konnte mit Spannung durch das Buch fliegen. 
Da es kein dicker Schmöker ist, kam ich relativ schnell voran. Ein wenig muss man sich an den Schreibstil gewöhnen, doch auf diesen war ich durch die zeitliche Einordung gleich eingestellt. 
Mir hat eine Übersicht über die Personen jedoch sehr gefehlt. Gerade zu Beginn des Buches war es schwer, alle Charaktere gleich richtig zuordnen zu können. Welcher Partner zu wem gehörte, wer ein Kind des alten Grays war und wer nur Partner eines Kindes und wer welchen Beruf ausübte, konnte ich nicht immer richtig bestimmen. Erst zum Ende des Buches hin gelang mir dies ein wenig besser. 
Die Charaktere sind – von zwei, drei Personen einmal abgesehen – eigentlich alle auf ihre eigene Art und Weise unausstehlich. Dennoch gefiel mir diese Art der Darstellung einer kaputten Familie wirklich gut. 
Wie bereits von anderen Rezensenten angesprochen, finde auch ich es schade, dass nicht der Originaltitel gewählt wurde. „Porträt eines Mörders“ wäre absolut die treffende Wahl für dieses Werk gewesen. 
Und einer Sache, die bereits von einer anderen Rezensentin angesprochen wurde, möchte ich mich ebenfalls anschließen. Etliche der Formulierungen haben mich doch sehr gestört, es wurde ein Bild von Juden gezeichnet, das eventuell im Jahre 1933 Anklang fand, das jedoch zur heutigen Zeit einfach nicht mehr tragbar ist. Ich hätte mir schon zu Beginn des Romans eine klärende Stellungnahme des Verlags gewünscht, beziehungsweise einen deutlichen Hinweis auf die zur Zeit der Veröffentlichung herrschende Fehlgesinnung. Nach Beenden der Geschichte hatte ich erwartet, wenigstens einen solchen Abschnitt im Nachwort zu finden, doch blieben diese antisemitschen und auch rassistischen Äußerungen unkommentiert. 
An sich fand ich die Geschichte ganz unterhaltsam und durchaus spannend, doch über den Tonfall der Autorin ärgerte ich mich zu sehr, um das Buch wirklich genießen zu können.