Rezension

Keine heile Welt

Trügerischer Sommer
von Mechthild Lanfermann

Bewertet mit 4 Sternen

Barbara ist Ende vierzig und Künstlerin. Sie lebt mit ihrem 15-jährigen Sohn Tore in Berlin. Ihr Lebensgefährte hat sich von ihr getrennt, weil er eine Jüngere gefunden hat. Seither hat er wenig Zeit für seinen Sohn. In Barbara brodelt etwas, das sich bei einer Führung im Museum entlädt und sie verliert ihren Job. Dann erhält sie auch noch einen Anruf vom Krankenhaus, dass ihr Vater im Sterben liegt. Sie fährt mit Tore nach Niedersachsen und will alles möglichst schnell hinter sich bringen, denn sie hat schon lange kaum noch Kontakt zu ihrer Familie. Mit Erschrecken muss sie feststellen, dass ihr Vater ziemlich verwahrlost gelebt hat. Das Haus ist vermüllt und ihr Bruder Kristian hat sich wohl kaum gekümmert. Obwohl ihr in dem Dorf alles zu eng ist, muss sie wohl eine Weile bleiben. Ihre alte Freundin Karin ist ihre eine Hilfe. Als Barbara ein altes Foto in die Finger fällt, begreift sie, dass sie sich der Vergangenheit stellen muss. Sie erzählt Tore, dass sie noch einen Bruder hat, der vor vielen Jahren verschwunden ist. Tore macht sich auf die Suche und löst etwas aus, da ihn in Lebensgefahr bringt.

Dieser Roman lässt sich flüssig lesen. Es herrscht eine unterschwellig bedrohliche Atmosphäre, auch wenn man zusammen feiert. Das kann man anfangs alles nicht richtig fassen, doch je mehr man über die Menschen in dem Ort erfährt, um so schrecklicher wird das Ganze.

Barbara und ihre Brüder sind mit einer depressiven Mutter und einem gefühlskalten Vater aufgewachsen. Der ältere Bruder Johannes kümmert sich um seine Geschwister, bis etwas Schreckliches passiert. Dann bleibt er verschwunden. Kristian wurde Tierarzt, aber er ist ein seltsamer Mensch, der den Kontakt zu anderen meidet. Er arbeitet für den Hähnchenzüchter Lüken, der im Dorf bestimmt, wo es lang geht. Tore kam mir zunächst sehr brav vor, doch dann zeigt er auch andere Seiten. Aber auch die anderen Charaktere sind sehr gut beschrieben.

Barbara hat die Vergangenheit hinter sich gelassen, doch als sie in das Dorf zurückkommt, muss sie sich dieser Vergangenheit stellen. Alles was sie verdrängt hat, bricht wieder auf.

Die Autorin beleuchtet die komplizierten Gefüge einer Familie und die Geheimnisse einer Dorfgemeinschaft. Dazu kommt das Thema Massentierhaltung.

Es ist ein Roman, der einen von Anfang an in den Bann zieht, denn man möchte wissen, was hinter dieser merkwürdig unheilvollen Atmosphäre steckt.

Ich kann das Buch empfehlen.