Rezension

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Keine Helden

Heldenhaft - Andreas Thamm

Heldenhaft
von Andreas Thamm

Bewertet mit 3 Sternen

Nein, in Andreas Thamms neuem Jugendbuch „Heldenhaft“ kommen keine Helden vor. Auch keine heldenhaften Taten. Im Gegenteil: Andi, Ferdi und Lea sind durchschnittliche, „typische“ Jugendliche um die 17 Jahre. Und sie erleben wie alle Jugendliche eine ganz und gar durchschnittliche Jugend auf dem Land. Sie trinken Alkohol, auch zu viel, üben sich in Mutproben, auch gefährlichen, probieren Drogen, allerdings nur einmal. Sie schlagen über die Stränge, aber in verhaltenem Maße. Sie hören noch auf ihre Eltern, wenn auch nicht immer. Sie merken, wenn sie Grenzen überschreiten. Sie wissen instinktiv um den Wert von Freundschaft.

In dieses Landidyll passt einer nicht so richtig: Mitch. Bei ihm ist es immer einen Zacken mehr. Sogar ins Gefängnis muss er, für ein Jahr. Und als er wieder rauskommt, ist die Stimmung zwischen den Freunden etwas angespannt, denn Andi hat vor Gericht nicht für ihn gelogen. Mitch ist aber nicht Andis einziges Problem. Denn da ist noch Lea, das Nachbarsmädchen, das mit ihm in eine Klasse geht, in das er ordentlich verschossen ist. Doch traut er sich nicht nur nicht, sie anzusprechen: die Familie ist zudem noch in einer religiösen Sondergemeinschaft, Lea ist also immer unter Beobachtung.

Viel Stoff also für eine gute Handlung. Allerdings nutzt das Buch diesen Stoff nicht wirklich. Zu viel Geplänkel, zu viel Belanglosigkeit, zu wenig Ernsthaftigkeit und Konsequenz stehen dem im Wege. Während die Handlung anfangs etwas schleppend in die Gänge kommt, nimmt sie im zweiten Teil rasant an Fahrt auf – fast schon zu viel, denn der Schluss ist einer Vollbremsung ähnlich.

Insgesamt kommt das Buch ein wenig zu behäbig daher, allen Kraftausdrücken, die darin vorkommen, zum Trotz. Obwohl Mitch (nicht etwa Andi, aus dessen Perspektive die Handlung erzählt wird) die interessanteste Figur des Buches ist, bleibt sie vergleichsweise blass. Das Unberechenbare an ihm gibt ihm dennoch keine Farbe, lässt ihn nicht lebendiger wirken. Vielleicht hätte eine andere Erzählperspektive dem Buch gutgetan.

Die Protagonisten schlittern von einem ins andere, daran ändert auch Mitch nichts, der immer wieder wie aus der Versenkung wieder auftaucht. Kaum etwas nehmen sie selbst in die Hand und wenn, dann ist es schlecht bis gar nicht durchdacht und bleibt dennoch ohne Konsequenzen. Von einem Jugendbuch hätte ich mir hier etwas mehr Kontur erwartet: dass die Freunde sich aneinander (zumindest aber an Mitch) richtig reiben, dass durch Konflikte Wege geebnet werden. Die einzige aber, die das am Schluss zumindest ansatzweise tut, ist Lea.

Die Wunderkerze, die auf dem Cover des Buches dargestellt ist, fängt bei mir nicht zu funkeln an. Das Besondere des Buches fehlt mir. Ein wenig mehr Tiefgang, ein wenig mehr Folgen und Konsequenzen, ein wenig mehr bewirkte Veränderung, ein wenig mehr Ernsthaftigkeit, die ins Leben einzieht – das hätte ich mir von diesem Buch erhofft.