Rezension

Keine leichte Kost

Spielarten der Rache - Seamus Smyth

Spielarten der Rache
von Seamus Smyth

Bewertet mit 5 Sternen

Vor ein paar Jahren ging es los: Erwachsene, die als Kinder in der Obhut der katholischen Kirche missbraucht wurden, gingen an die Öffentlichkeit und teilten der Welt mit, was für Martyrien sie durchleben mussten und was ihnen angetan wurde. Immer mehr der Missbrauchsopfer trauten sich infolgedessen an die Öffentlichkeit, immer mehr ekelhafte Details kamen ans Licht. Kaum auszumalen, was in Zukunft noch an abscheulichen Einzelheiten zutage gefördert wird.
Vor diesem Hintergrund spielt "Spielarten der Rache".
Es gibt kein Wort, was so passend zu dem Vorhaben von Red Dock passt, wie "machiavellistisch" - guter Klappentext.
Alles, was Red Dock macht, ist von langer, langer Hand geplant. Das mag zuweilen ein bisschen unglaubwürdig klingen, aber nicht unmöglich. Und je mehr die Geschichte voranschreitet und je mehr man zu verstehen beginnt, was Red Dock vorhat, desto besser wird die Geschichte und die Beweggründe Red Docks' werden verständlich. Und so greift ein Zahnrädchen in das nächste.
Aber nicht nur der Plot ist bemerkenswert, sondern auch und vor allem der Schreibstil von Seamus Smyth und seine Protagonisten.

"Sein blondes Haar war buschig und hätte eines Schnittes bedurft, dazu das Gesicht eines pausbackigen Babys, dralle Hände, eine kleine knubbelige Nase und tiefliegende Augen. Hätte er in einem Strampler gesteckt, er hätte wie ein Riesensäugling ausgesehen. Und dann war da was in seinen Augen: dunkel, bedrochlich und teuflisch. Nein, da war nichts. Ich beliebe nur zu scherzen. Er sah nicht bedrohlicher aus, als der Kellner, der mir mein Filetsteak servierte: blutig, genau so wie ich es mag - das Steak, meine ich. Blut am Messer, genau so wie Picasso es mag."

Besonders bei Red Dock und Picasso sind Sprache und Dialoge clever, bitterböse und vor allem höchst unterhaltsam. Picasso ist übrigens der schlimmste Serienmörder Irlands, der nebenbei auch noch sein Unwesen treibt. Genial. Also, genial, dass hier ein so "fleißiger" und kultivierter Mörder, nur eine Nebenfigur abgibt und nicht noch einen eigenen Roman bekommt. Erinnert mich an "Buffalo Bill" in "Das Schweigen der Lämmer". 
Auf welche bestialische Weise Picasso seiner Passion nachgeht, werde ich hier nicht weiter erörtern, aber seine Foltermethoden verraten mir, dass Seamus Smyth entweder verrückt ist oder sich ausgiebig mit dem Thema "Folter" auseinander gesetzt hat. Keine leichte Kost.
So nimmt die Geschichte ihren Lauf, alles läuft wie am Schnürchen und dann endet das Buch. Irgendwie abrupt, aber stimmig.

Fazit
"Spielarten der Rache" ist ein lesenswertes Buch. Zumindest eine Hälfte davon. Die andere Hälfte ist großartig und hat mich vollends überzeugt und mitgerissen. Das Zusammenspiel der Charaktere und der Verlauf des Plots sind überragend.