Rezension

Kindheitsfunken, Jugendfeuer und Eiszeit in Schweden

Winterfeuernacht - Anders De La Motte

Winterfeuernacht
von Anders de la Motte

Bewertet mit 3 Sternen

Vor Krimi-Rezensionen versuche ich mich immer ewig zu drücken. Die Prokrastination aus der Studienzeit schlägt dann voll zu. Seite einer Woche nehme ich mir vor, die Rezension zu schreiben. Heute habe ich schon die Wäsche zusammengelegt, eingekauft, einen Kuchen gebacken, drei halbe Filme geschaut und versuche nun seit einer halben Stunde einen Einstieg zu finden. Krimi-Rezensionen sind einfach knifflig. Während es einem fast jedes andere Genre verzeiht, ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern, muss man beim Krimi höllisch aufpassen, nicht ausgerechnet das falsche Detail zu erwähnen und damit den Mörder zu entlarven. Also fliegt die Handlung jenseits des Klappentextes vorsichtshalber raus. Was bleibt dann noch? Erzählstil, Spannungsbogen, Figurengestaltung? Über die Figuren verrate ich lieber nicht zu viel. Aber Protagonistin Laura ist mir sehr sympathisch und ihr Charakter auch recht ausgewogen erzählt. Spannend erzählen kann er so im Großen und Ganzen, der Anders de la Motte. Die Spannungsbögen sind gut platziert, Überraschungseffekte glaubhaft eingebaut und die Story nicht zu übertrieben angesetzt, nach hinten raus sind mit ihm dann aber die Pferde durchgegangen. Da geht die aufgebaute Glaubwürdigkeit ganz schnell flöten. Schade. Grundsätzlich konnte ich mich mit dem Thema gut anfreunden. Bis zur Nacht des Luciafestes erlebte Laura eine sorglose Kindheit und Jugend, zu deren Highlights die jährlichen Sommer- und Winterferien im Feriendorf ihrer Tante Hedda zählten. Die 15jährige Laura liebt die Ferien bei ihrer Tante, so wie sie auch ihre Freunde aus Kindheitstagen liebt. Einer hat es ihr besonders angetan und dann ist in diesen Winterferien plötzlich alles anders. Ein schreckliches Unglück verändert Lauras Leben für immer, der Ort ihrer Kindheit scheint verloren. Als nach 30 Jahren Tante Hedda stirbt und Laura ihr inzwischen geschlossenes Feriendorf vermacht, fährt diese ein letztes Mal zurück und will und muss sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen.

Anders de la Motte erzählt seine Geschichte aus der Perspektive von Laura, im Wechsel schildert die 15jährige Laura die Ereignisse um den Brand in der Lucia-Nacht und 30 Jahre später die erwachsene Laura die Beerdigung von Hedda. Dieser Erzählkniff gefällt mir gut. Überhaupt dieses Thema, wie sehr die Erlebnisse in der Kindheit und Jugend die Persönlichkeit auch im erwachsenen Alter beeinflussen. Der Jugendschwarm, die beste Freundin, die ersten Partys – die Welt mit 15 ist gleichsam einfach und kompliziert. Von dem, was die Erwachsenen umtreibt, welche Geheimnisse sie in sich tragen, haben die Kids keine Ahnung. Laura muss nun 30 Jahre später feststellen, dass sie als Kind und Jugendliche nur in einen kleinen Bereich des Lebens ihrer Tante Einblick hatte und auch sonst eben nicht das ganze Jahr über im Dorf war, um über alle Beziehungen und Verwicklungen vor Ort Bescheid zu wissen, die besten Freunde mit eingeschlossen.

Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte sich dieser Themenbereich noch etwas ausufernder durch das Buch ziehen können, aber schließlich musste der Kriminalfall ja auch noch untergebracht werden. Anders de la Motte schien allerdings am Ende auch nicht ganz sicher zu sein, wie er seinen Fall beschließen sollte und hat sich für ein Feuerwerk mit ganz viel Rauch und Schießpulver entschieden. Das hätte auch eleganter gelöst werden können, überzeugen konnte mich der Krimi so schließlich nicht, aber Lauras Geschichte hat mir gefallen. Vielleicht hat de la Motte ja mal Lust auf einen Ausflug in die Belletristik. Ich bin mir fast sicher, dass das sich gut lesen lassen würde.