Rezension

Kindheitstraumata und seine Auswirkungen – sehr fesselnd!

Kleine Monster -

Kleine Monster
von Jessica Lind

Bewertet mit 5 Sternen

Jessica Lind gelingt es mit "Kleine Monster" meisterhaft, eine Geschichte zu erzählen, die tief in die Psyche ihrer Protagonistin und die Abgründe der Kindheit eintaucht. Der Roman beginnt mit einem Konflikt: Pia und Jakob, die Eltern des siebenjährigen Luca, werden von der Lehrerin ihres Sohnes in die Schule gerufen. Es hat einen Vorfall mit einer Klassenkameradin gegeben. Während Jakob fest an die Unschuld seines sensiblen Sohnes glaubt, beginnt Pia, an Luca zu zweifeln und sich in ihre eigene dunkle Vergangenheit zurückzuziehen.

Die Geschichte wird hauptsächlich aus Pias Perspektive erzählt, ergänzt durch Rückblenden in ihre eigene Kindheit. Diese Rückblenden enthüllen schrittweise die traumatischen Erlebnisse, die Pia geprägt haben und nun ihre Sicht auf ihren Sohn und seine Handlungen beeinflussen. Die Spannung des Romans entsteht nicht nur durch die Frage, was Luca tatsächlich getan hat, sondern auch durch das zunehmende Eindringen von Pias Vergangenheit in ihre Gegenwart.

Lind zeichnet ein komplexes und vielschichtiges Psychogramm ihrer Protagonistin. Pia ist hin- und hergerissen zwischen ihrem Wunsch, eine gute Mutter zu sein, und ihren Ängsten, die aus ihrer eigenen Kindheit resultieren. Diese innere Zerrissenheit spiegelt sich auch in der Beziehung zu ihrem Mann Jakob wider, der die Bedrohung, die Pia in Luca sieht, nicht nachvollziehen kann.

Besonders beeindruckend ist die subtile Art und Weise, wie Lind den Schrecken und die Bedrohung aufbaut. Die dunklen Geheimnisse von Pias Kindheit und die andauernde Spannung im Umgang mit Luca schaffen eine dichte Atmosphäre, die den Leser in ihren Bann zieht. Dabei bleibt die Handlung bis zum Schluss unvorhersehbar und fesselnd.

Ein kleiner Kritikpunkt ist, dass der Klappentext vermuten lässt, der Fokus liege hauptsächlich auf dem Vorfall mit Luca. Tatsächlich steht jedoch Pias Biografie und ihre psychologische Entwicklung im Vordergrund. Diese Verschiebung kann einige Leser überraschen, mindert aber keineswegs die Intensität und Tiefe der Geschichte.

"Kleine Monster" ist kein leichter Roman, sondern eine tiefgründige und packende Erzählung über Mutterschaft, die Auswirkungen von Kindheitstraumata und die Abgründe, die in uns allen schlummern. Jessica Lind hat mit diesem Buch einen spannenden und berührenden Psychothriller geschaffen, der noch lange nachhallt. Eine klare Leseempfehlung für alle, die sich auf eine intensive und bewegende Lektüre einlassen möchten.