Rezension

King kann auch anders

Joyland - Stephen King

Joyland
von Stephen King

Bewertet mit 3.5 Sternen

Seinen Sommerjob im Jahr 1973 wird College-Student Devin Jones nicht so schnell vergessen: Im altmodischen Vergnügungspark "Joyland" findet er nicht nur neue Freunde - darunter sogar zwei mit übersinnlichen Fähigkeiten - sondern kommt einem ungeschoren davongekommenen Mörder näher, als ihm lieb ist...

Jahrelang habe ich mit dem Namen "Stephen King" nur die Horror-Schiene verbunden und einen großen Bogen um ihn gemacht. Zu Unrecht, denn der Autor kann auch leisere Töne anschlagen, und dass sogar ziemlich gut. "Joyland" ist viel Zeitkolorit aus den 70er-Jahren mit einem Hauch von Mystery-/Krimi-Einschlag, der sich aber erst nach und nach entwickelt.

Man schaut Devin bei seinem Ferienjob im Vergnügungspark über die Schulter und erfährt viel über die Arbeit "hinter den Kulissen". Devin ist für sein junges Alter sehr ernsthaft und eher der Typ, bei dem sich die Mädels ausheulen - um dann mit seinem besten Freund zusammenzukommen. Tatsächlich prophezeit ihm die "Joyland"-Wahrsagerin das Ende seiner Beziehung mit Freundin Wendy, was auch tatsächlich so eintrifft. Schwer angeschlagen helfen vor allem seine neuen Freunde und die Routine in seiner Arbeit Devin dabei, wieder auf die Füße zu kommen. Allerdings führt das Beziehungsende auch dazu, dass Devin seinen Aufenthalt in "Joyland" verlängert und über einen lange zurückliegenden Mordfall in "Joyland" recherchiert: Eine junge Frau wurde während der Fahrt durch die Geisterbahn ermordet; der Mörder wurde nie gefasst. Und er ist Devin näher, als dieser denkt...

Nach "Christine" war dies mein zweites Buch von Stephen King und hat mir noch besser gefallen: Viel 70er-Jahre-Flair, sympathische und glaubwürdige Protagonisten und ein ungewöhnliches Setting durch den Vergnügungspark als Handlungsort.
Mit der Aufklärung des zurückliegenden Mordfalls hatte ich überhaupt nicht gerechnet und bin dem Autor komplett auf den Leim gegangen, was den Mörder betrifft, auch wenn ich schon ziemlich bald den Verdacht hatte, dass es jemand aus Devins Umfeld sein könnte.
Besonders gut gefallen haben mir die übersinnlichen Elemente wie der Geist des ermordeten Mädchens in der Geisterbahn oder die besonderen seherischen Fähigkeiten von Mike und "Madame Fortuna". Ausgerechnet Devins Kumpel Tom, der sich gewöhnlich über alles lustig macht, sieht den Geist und hat mit diesem Erlebnis sein Leben lang zu kämpfen, weil dies alle rationale Konzepte sprengt, die er sich bisher über die Welt zurechtgelegt hatte...
Nur einen Kritikpunkt habe ich: Das Buch ist mit 283 Seiten in der englischen Ausgabe viel zu kurz. Allein über den Vergnügungspark-Alltag hätte ich noch mal mindestens 200 Seiten lesen können. Dev ist ein sehr sympathischer Protagonist, der selbst unbeliebte Aufgaben wie den Auftritt im Hundekostüm ernst nimmt - deshalb schaut man ihm dabei so gerne über die Schulter.