Rezension

Klare Leseempfehlung!

Der Hunger der Lebenden - Beate Sauer

Der Hunger der Lebenden
von Beate Sauer

Bewertet mit 4 Sternen

Meine Meinung:

Der Roman setzt einige Monate nach den Ereignissen von "Echo der Toten" ein. Da Richard eigentlich nicht vorhat nach Deutschland zurück zu kehren und Friederike dies mehr oder weniger klar ist, hat sie mit diesem Wissen stark zu kämpfen. Überhaupt liegt schon ein stärkerer Fokus auf der komplizierten Beziehung zwischen den beiden. Trotzdem gelingt es Sauer eine Balance zwischen den Ermittlungen und dem Privatleben der beiden zu finden.

Der Mordfall wirkt insgesamt stimmiger als dies in Band 1 der Fall war. Ich hatte hier den Eindruck die Autorin hat sich nun richtig in ihre Handlung eingefunden, sich quasi warmgeschrieben^^ Auch wenn ich fand, das eine bestimmte Verbindung zu den beiden Fällen etwas übertrieben war. Mir gefiel aber, das die Autorin wieder versucht, verschiedene Aspekte der Verbrechen wärend der NS-Zeit aufzuzeigen. Vor allem die Verbrechen der Wehrmacht und die Zustände in den damaligen Jugendanstalten, in die als schwererziehbare eingestufte Teenager eingewiesen wurden, stehen dabei im Fokus.

Die Erlebnisse die die Mordverdächtige Franziska aus ihrer Zeit in einer dieser besagten Heime schildert, sind unfassbar. Das traurige dabei in der Realittät (und auch im Roman) , der Vermerkt in den Akten blieb bestehen und die Einweisung wurde auch von den Beamten nach der NS Zeit nicht hinterfragt. Oft genug waren sie es ja noch selbst gewesen, die diese überhaupt erst befohlen hatten.

 

Wärend Friederike sich nach wie vor mit ihrer eigenen politisch passiven Rolle beschäftigt ist und plötzlich mit einem Teil der Familiengeschichte konfrontiert wird, der sie fast verzweifeln lässt, hat Richard nach wie vor damit zu kämpfen, ob er als Jude in Deutschland sein möchte und kann.

Ich finde gerade bei Richard ist es Beate Sauer sehr gut gelungen seine wiedersprüchlichen Gefühle in Worte zu fassen. Auf der einen Seite sind da diese schrecklichen Erinnerungen, auf der anderen aber auch Glückliche. Und dann ist da noch Friederike. Gerade was die Beziehung der beiden angeht, entsteht nach und nach eine ziemlich nervenaufreibende Spannung.

Die Ermittlungen enden dann doch etwas reißerisch, dafür aber in sich trotzdem logisch. Ich fand das Ganze wartete immer wieder mit glaubwürdigen Wendungen auf. Sie zeigen auch, das passiert, wenn man Aufgrund eigener Vorurteile in nur eine eigene Richtung ermittelt und dabei vergisst, das es möglicherweise noch andere Verdächtige gibt. Franziskas Schicksal zeigt zudem, wie die alten Denkmuste natürlich nicht nach Ende des Krieges sofort verschwunden sind. Im Grunde hätte sie ohne Friederikes Beharrlichkeit überhaupt keine Chance gehabt.

Die historischen Hintergründe wirken meiner Meinung nach auch stimmiger in die Handlung integriert als das noch bei Band 1 der Fall war. (Das meine ich mit dem warmgeschrieben oben)

 

Dennoch hätte ich mir - wie auch schon bei "Echo der Toten" einen etwas stärkeren Fokus auf die Weibliche Polizei gewünscht. Wieder erscheinen Friederikes Kolleginnen als einzige etwas lahmes Hintergrundrauschen. Tauchen im Grunde kaum auf. Schade. Wenigstens Friederikes Vorgesetzte hätte ich mehr als nur ein paar Worte gegönnt. Zu Mal es bei der Ermordeten ja um eine ehemalige Kollegin geht. Da hätte ich mir eine stärkere Einbeziehung schon erwartet. Auch wenn es andererseits schon der historischen Warheit entspricht, das die Weibliche Polizei nicht in Mordermittlungen eingebunden wurde, außer um Vernehmungen durchzuführen, wenn es um Frauen, Jugendliche und Kinder ging.

Fazit:

Ínsgesamt gelingt Beate Sauer ein spannender Roman, der sich nicht scheut unangenehme Wahrheiten in den Blick zu nehmen und die Verbrechen zwischen 1933 und 45 klar zu benennen.