Rezension

Kleine Welt ganz groß

Die Bienen - Laline Paull

Die Bienen
von Laline Paull

Bewertet mit 4 Sternen

Hier hat die Autorin alles richtig gemacht. Ihr Bienen-Roman ist wunderbar rund und in sich stimmig.
Die Story kann man gut als Märchen lesen und zugleich auch naturnah interpretieren. Es findet sich etwas Ökokritik darin, dazu Spannung, Emotionen und auch gut dosierten Humor. Laline's Sprache ist leicht zugänglich ohne jemals einfallslos zu sein. Im Gegenteil: geschickt mischt die Autorin biologische Begriffe mit ideenreich ausgestatteten Sprachbildern.
Wer sich als Leser/in auf dieses Spiel einlässt, fühlt sich zeitweise tatsächlich wie in das Innere eines Bienenstocks versetzt.
Selbstverständlich vermenschlicht die Autorin ihre Protagonisten, aber nur bis zu dem Punkt, den es braucht, um Empathie mit ihnen aufzubauen. Denn natürlich ist dieses Buch vor allem eines: ein Roman und kein Sachbuch.
Dem Vergleich mit Bonsels berühmter Vorlage hält Laline's Protagonistin problemlos stand. Ebenso wie ihre berühmte Schwester Maja ist Flora 717 kein niedliches kleines Wesen; sie ist ein Tier mit ihrem typischen tierischen Verhaltensweisen, die die Autorin wertfrei und ungeschönt beschreibt.
Bücher, in denen auf den ersten Blick auch eher unscheinbare Tiere im Mittelpunkt stehen, scheinen sich aktuell großer Beliebtheit zu erfreuen. Ähnlich ihrer Autorenkollegin Elisabeth Tova Bailey, die sich dem „Geräusch einer Schnecke beim Fressen“ verschrieb, ist auch Laline’s Roman eine respektvolle Hommage an eine kleine aber sehr beeindruckende Spezies.

Mit großer Erwartungshaltung ging ich an diesen von vielen Seiten hochgelobten Debütroman und doch blieb ich etwas enttäuscht zurück. Warum? Über 300 Seiten atmosphärisch packend zu füllen, reichte mir einfach nicht. Gerne hätte ich etwas mehr Aussage, weniger l’art pour l’art, oder doch wenigstens mehr Substanz im Verhältnis zu der ohne Frage wunderschön gesponnenen Fiktion gehabt.
Aber dieses Missfallen ist eher meinem persönlichen Geschmack geschuldet.
Ein besonderes – da wirklich völlig anderes – Leseerlebnis ist dieser Roman in jedem Fall. Und alleine für diese Neuheit gibt es verdiente Pluspunkte in der Bewertung.