Rezension

Klischehaftes Superheldenbuch - was Spaß macht!

Renegades - Gefährlicher Freund - Marissa Meyer

Renegades - Gefährlicher Freund
von Marissa Meyer

Bewertet mit 3.5 Sternen

"AM ANFANG WAREN WIR ALLE SCHURKEN. Durch die Jahrhunderte wurden Wunderkinder vom Rest der Welt gefürchtet. Gejagt. Gefoltert. Gehasst und unterdrückt. Man hielt uns für Hexen und Dämonen, für Freaks und Missgeburten. Wir wurden gesteinigt, aufgeknüft und auf Scheiterhaufen verbrannt, während die Menschen mit kaltem Blick zusahen, voller Stolz, die Welt von einem weiteren Übel befreien zu können. Ihre Angst war berechtigt. Jahrhunderte lang. Ace Anarcho änderte alles." Zitat Seite 11

Ace Anarcho hat eine Ära geschaffen in der Menschen mit besonderen Kräften einen berechtigten Platz in der Welt bekommen haben und sich nicht länger verstecken mussten.
Dies schaffte er durch Auflehnung und indem er bekannt Infrastrukturen dem Erdboden gleich machte. Erst waren die Banken und Aktienbörsen dran. Danach setzte er die Justizsysteme außer Kraft.
Diese Ära dauerte zwanzig Jahre und wurde im Nachhinein die Ära der Anarchie genannt, den es gab keine Strafe für Verbrechen, keine Polizei und keine Gefägnisse mehr. Man kann sich sehr gut vorstellen,
dass mit dieser Wendung zeitgleich das Maß an Grausamkeit, Gewalt und Verbrechen wuchs. Es herrschte das Gesetzt des Stärkeren, "und wie sich bald herausstellte, waren die Stärkeren
meistens echt miese Typen". Zitat Seite 13  

 

"Aber dann, scheinbar über Nacht, kehrte sich zurück - die Hoffnung.
Funkelnde, strahlende Hoffnung, gekleidet in Masken und Capes."
Zitat Seite 13

 

Die Renegades, eine Formation selbsternannter Superhelden (ebenfalls Menschen mit besonderen Fähigkeiten), bekämpfen ihresgleichen, um die vorherrschenden Missstände zu verbessern.
Und das mit Erfolg. Sie bringen Ace Anarcho, den Anführer zu Fall und verdammen die restlichen Schurken in den Abgrund.
Fortan werden neue Wunderkinder in einem jährlichen Ritual in den Verband aufgenommen, um anschließend zu Superhelden ausgebildet zu werden.
"Adrian ging davon aus, dass dies nicht ganz dem entsprach, was sie sich vor vielen Jahren bei der Gründung der Renegades gedacht hatten. Damals war jeder ein Held gewesen, der bereit war aufzustehen
und gegen die Verbrecherbanden zu kämpfen. Man brauchte weder eine besondere Anstecknadel noch einen Titel dafür. Man brauchte keine allgemeine Anerkennung.
Heute waren sie keine echten Kämpfer mehr, sie waren Stars. Stars mit einem sehr wichtigen Job, aber trotzdem Stars."
Zitat Seite 195

 

Doch nicht jeder ist ein Fan der neu entstandenen Beschützer. Ich möchte auch sagen - zu Recht. Denn was mir an diesem Buch besonders gut gefallen hat, ist die Tatsache, dass
die Charaktere keine klare Abgrenzung haben. Auf einer Seite zu stehen, die sich selbsternannt zu den Beschützern der Menschen gemacht hat, bedeutet nicht zwingend selbst gut zu sein oder nur
nach diesen Prinzipien zu handeln.
Und nur weil man von der Welt als Schurke beschimpft wird, heißt es nicht, dass man grundsätzlich böse sein muss und nur Schlimmes im Sinn hat.
Gerade unsere Protagonistin, "Nachtmahr" die auf der Seite der Schurken steht, ist sehr symphatisch. Doch aufgrund eines inneren Konfliktes und weil Sie die Nichte von Ace Anarcho ist,
hat Sie eine klare Meinung zu den vermeintlichen Rettern. Diesen Grund kann man gut nachfühlen, was letztendlich die Zerrissenheit von Nova Artino, wie "Nachtmahr" mit bürgerlichem
Namen heißt, verdeutlicht und einem beim Lesen des Buches nicht nur begleitet, sondern auch beschäftigt.
Um die Zerrissenheit auch beim Lesen zu verstärken, erhalten wir auf der Gegenseite Adrian Everhart, genannt Sketch, den Adoptivsohn der zwei bekanntesten Renegades. Und ein Muster an Tugend.

 

Doch was passiert, wenn Nora auf Adrian trifft?

 

Marissa Meyer Schreibstil ist flüssig und an den richtigen Stellen mit Spannung vollgepackt. Ihre Charakter sind klug durchdacht und die Dialoge zwischen Schurken und Helden erinnern an klischeehafte
Comicunterhaltungen. Versteht mich nicht falsch - ich feier Flair durch diese Textpassagen sehr und habe diesen mehr als passend empfunden.
Umso trauriger macht es mich, dass diese neue geschaffene Welt viele Parallelen zu der berühmten X-Men-Reihe aufweist.
Es gibt ein Wunderkind, das vor allen anderen separiert wird. Ace Anarcho ist ein starker Telekinet mit einem Helm. Hier hätte ich mir mehr Individualität und vor allem Kreativität gewünscht,
wie es zum Beispiel Brian K. Vaughan in seiner Graphic Novel "Saga" schafft oder auch Nnedi Okorafor in "Das Buch des Phönix".

 

Alles in allem ein solider Start für die Trilogie - mit bösem Cliffhänger. Also haltet lieber gleich die Folgebänder bereit. Der letzte Teil wird in Deutschland Ende Januar 2020 erscheinen.