Rezension

Kluger, trauriger, sozialpolitisch aktueller Krimi

Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens
von Oliver Bottini

Bewertet mit 5 Sternen

In Coruia, Rumänien wird Lisa Marthen, eine junge deutsche Frau brutal ermordet. Ihr Vater Jörg hat dort gemeinsam mit seinem Freund Winter große Agrarflächen aufgekauft um Landwirtschaft im großen Stil zu kleinen Mitteln zu betreiben. Die beiden Männer verbindet eine langjährige Freundschaft noch zu DDR Zeiten. Maik Winter hatte etliche Jahre vor dem Mord an Lisa seine Familie bei einem Autounfall verloren.

Mit den Ermittlungen wird Ioan Cozma, Polizist aus Temesvar betraut. Bald wird klar, dass der junge Adrian, der als Verdächtiger auf dem Silbertablett präsentiert wird, nicht der Mörder sein kann. Trotzdem setzt sich der junge Mann nach Prenzlin in Deutschland, der Heimat Lisas, ab. Eine Flucht mit schrecklichen Konsequenzen.

Bottini zeichnet seine Figuren mit großer Sorgfalt, egal ob einem die handelnden Personen sympathisch sind oder nicht, sie nehmen einen mit. Mit leisen aber eindringlichen Worten beschreibt er den ermittelnden Polizisten Cozma, als einen Mann, der sämtliche Perspektiven verloren hat, resigniert und mit den Geistern der Vergangenheit kämpfend. Schuld, Wut und Zorn haben aus dem einstigen Handlanger des rumänischen Regimes zu dem Mann gemacht, der er heute ist, gebrochen einerseits, geläutert andererseits mit der Bereitschaft für Vergangenes gerade zu stehen. Das zentral Motiv , die Verantwortung für echtes oder vermeintliches Unrecht aus der Vergangenheit zu übernehmen, beherrscht aber auch andere Figuren dieses Buches.

Die Geschichte hinter der Krimihandlung ist erschütternd. Die Gier nach Macht und Geld hat die Menschen korrumpiert. Die sozialpolitische Kritik an der Globalisierung und dem Ausverkauf an Land ist vorherrschendes Thema. Das Schlagwort Landraub muss gar nicht erst bis nach Südostasien verfolgt werden. Es passiert hier in Europa, quasi vor unserer Tür. Die ländliche Bevölkerung Rumäniens, die außer ihrem Land nichts hatte, wird in die Lohnsklaverei gennötigt, um dann im Ausland, wie in der Geschichte im ehemaligen Osten Deutschlands, für einen Bettel zu schuften auf Landflächen die auf unredliche Weise ins Eigentum der jetzigen Großbesitzer gelangten.

Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens ist kein Reißer, kein hektisch vorwärts getriebener Krimi mit rasantem Showdown, obwohl es mehrere Tote gibt es keine blutrünstige Effekthascherei. Im Gegenteil hebt sich dieser Krimi mit seiner langsamen, melancholischen und anspruchsvollen Art der Handlung und Sprache von der Masse ab. Zu Recht hat Oliver Bottini für sein Werk den deutschen Krimipreis 2018 erhalten.