Rezension

Kluges Frauenbuch

Die Sammlerin der verlorenen Wörter -

Die Sammlerin der verlorenen Wörter
von Pip Williams

Bewertet mit 4.5 Sternen

Das Oxford English Dictionary ist ein Grundlagenwerk der englischen Sprache. Doch wie entstand es? Darüber haben sich vermutlich die wenigsten Menschen jemals Gedanken gemacht. In diesem Buch erfährt man viel über die mühsame, jahrzehntelange Entstehungsgeschichte, aber es ist viel mehr als ein Geschichtsbuch. Es beginnt 1886 und endet hundert Jahre später mit dem Epilog.

Die fiktionale Figur Esme ist die Tocher eines der Mitarbeiter von Dr. Murray, der die ersten Bände des Werkes herausgab. Da Esmes Mutter früh gestorben ist, wächst das Mädchen im Skriptorium unter der Aufsicht der Lexikographen auf und schnappt von Kindheit an viel über die Bedeutung von Wörtern auf. Später arbeitet sie selbst an den Bänden mit, gegen einen kleinen Lohn. Dabei fällt ihr auf, dass das Wörterbuch viele Wörter einfach buchstäblich unter den Tisch fallen lässt, besonders die Wörter, die für Frauen von Bedeutung sind. Sie beginnt diese Wörter zu sammeln und scheut auch nicht davor zurück einfache Frauen zu befragen. Alle diese Wörter sammelt sie in einer alten Holztruhe. Esme bleibt nicht von persönlichen Schicksalsschlägen verschont, aber die Arbeit hilft ihr in vielen Fällen weiterzumachen.

Das Buch beginnt sehr ruhig und man muss sich erst an diesen Stil gewöhnen. Die Systematik der Worterfassung steht im Vordergrund und die Figur der Esme bleibt zuerst blass. Doch im zweiten Teil wird das Buch spannender, Esmes Leben tritt aus dem Schatten der Wörter und man liebt und leidet mit ihr. Der dritte Teil ist reich an Tragik und Dramatik und man kann kaum aufhören zu lesen.

Im Anhang findet man Zeittafeln zur Geschichte des Dictionary und zum Frauenwahlrecht, ein Foto der Lexikographen, die in dem Buch eine Rolle spielen und besonders schön eine Danksagung in Form der Belegzettel, die beim Erstellen des Lexikons verwendet wurden.

Nachdem ich im ersten Teil nur langsam in die Geschichte hineinkam, gefielen mir die weiteren Teile immer besser. Das Buch erschließt sich nicht ganz leicht, man bracht etwas Geduld. Aber dann hat sich die Mühe gelohnt und es ist ein wunderbares Buch über die Sprache, was sie auslösen und wie sie auch missbraucht werden kann. Ein Buch für alle Leseratten und Bücherwürmer, die mehr über dieses wunderbare Kommunikationsinstrument erfahren wollen.