Rezension

Könnte ein ergreifendes Buch sein, aber...

Das Wesen der Dinge und der Liebe - Elizabeth Gilbert

Das Wesen der Dinge und der Liebe
von Elizabeth Gilbert

Bewertet mit 3 Sternen

Alma Whittacker wird an einem perfekten Wintertag des Jahres 1800 in Philadelphia geboren. Dem jungen unabhängigen Mädchen fehlt es an nichts, auch nicht an Bildung. Der Aufbruch der Wissenschaft wird auch ihr Aufbruch in eine eigene Welt; die der Pflanzen und Natur. Während ihr klarer Verstand sie zu einer brillianten Wissenschaftlerin macht, zeigt ihr die Kiebe zu einem Mann, dass nicht alle Geheimnisse zu ergründen sind.

Almas Leben und Werden wird auf eine sehr verspielte und detailverliebte Art erzählt. Ihren Sprachstil spiegelt sich also sehr im Cover wieder. Die Geschichte lässt sich recht angenehm lesen und war recht spannend ohne besondere Wendungen oder spektakuläre Zufälle bedienen zu müssen. Das Buch ist in fünf große Kapitel mit jeweils einer hübschen Pflanzenillustration versehen und besitzt dazu noch kleinere fortlaufende Unterkapitel.

Was für mich an diesem Buch wirklich herausgestochen hat, war die Liebenswürdigkeit der Nebencharaktere. Das mag vielleicht im ersten Moment etwas seltsam klingen, aber es waren gerade die Nebencharaktere (und zwei ganz besonders), die mir unendlich ans Herz gewachsen sind. Es hatte benahe schon etwas grausames, dass sie nur so kurze Rollen bekommen haben. Elizabeth Gilberts Personen wirkten echt und lebendig und hatten alle ihre Ecken, Kanten und Tücken.

Mit der Familie Whittacker habe ich es allerdings nicht geschafft warm zu werden. Besonders bei Alma und ihrer Schwester blieb immer eine gewisse Distanz, die einfach nicht überbrückt werden konnte. Der Funke wollte bei mir einfach nicht überspringen, was auch an dem allgemeinen Verhalten der gesamte Familie liegen könnte. Sie war nicht wirklich unsympathisch. Ich habe mit ihr geliebt, mich gefreut, gelacht und ich habe sie in die tiefste Hölle gewünscht. Meistens war sie mir aber einfach zu nüchtern.

Den historischen Hintergrund fand ich recht interessant und gelungen. Man konnte recht viel neues lernen. Ob nun chronologisch alles so stimmt, wie es da steht, weiß ich nicht. Das bisschen, was ich zu dem Zeitraum wusste und aus Neugierde in Wikipedia gelesen hatte, schien sich jedenfalls mit dem im Buch zu decken. Ich bin aber keine Historikerin und da mir hier schlicht und ergreifend das Wissen fehlt, lass ich lieber andere darüber wettern (oder eben auch nicht ;))

Zwei Dinge sind mir allerdings ziemlich negativ aufgefallen:
Weiter oben habe ich zwar die detailverliebte und verspielte Erzählart gelobt, weil ich sowas eigentlich ganz gerne mag, aber auf 700 Seiten war es manchmal doch einfach zuviel. Streckenweise verlor sich die gute Frau Gilbert einfach zu sehr in Details. Es war also manchmal langatmig und teilweise sogar etwas ermüdend.

Genervt hat mich die Tatsache, dass von diesen 700 Seiten knapp 300 bis 350 getrost fehlen könnten, und die Geschichte dadurch keinen Verlust erlitten hätte. Im Gegenteil. Nach knapp 300 Seiten fing die eigentliche Geschichte in meinen Augen erst richtig an und hätte ca 50 Seiten vor dem eigentlichen Ende einen schönen Abschluß gegeben. Dem war nur leider nicht so.
Vorallem die ersten fünf Kapitel haben bei mir die Frage aufgeworfen, warum ich das, was dort erzählt wurde, überhaupt wissen muss. Das "Wissen", was man dort aufgedrängt bekommt, mag zwar eine nette Hintergrundinformation sein und für Einige die Sache abrunden, hatte aber letztendlich keine Bedeutung für die Geschichte. In dem Buch ging es um Alma und da möchte ich nicht noch die Lebensgeschichte von einem anderen Menschen aufgedrängt bekommen, die mich schlicht und ergreifend nicht interessiert.

Alles in allem fand ich "Das Wesen der Dinge und der Liebe" ganz schön und einige Stellen bewegend geschrieben, aber für mehr als drei Sterne reicht es in meinen Augen einfach nicht. Dafür ist das ganze einfach zu langatmig.