Rezension

Könnte im echten Leben so passieren

Queenie - Candice Carty-Williams

Queenie
von Candice Carty-Williams

Bewertet mit 3 Sternen

Nachdem ich die Inhaltsangabe gelesen habe, war ich richtig gespannt auf dieses Buch gewesen - ich habe gar nicht abwarten können es zu lesen! Es hat sich nach einer lustigen und lockeren Geschichte angehört, die auch viele wichtige Themen anspricht. Schließlich habe ich meine ganzen Lesepläne für Queenie über den Haufen geworfen, nur um festzustellen, dass die Geschichte ganz anders ist als ich mir vorgestellt hab

- Rezension mit Bildern auf meinem Blog -

Das Cover finde ich wunderschön. Es ist einfach gehalten, nicht überladen und zeigt ganz genau, um was es in diesem Buch geht: Es ist die Geschichte einer jungen, schwarzen Frau. Ich mag, wie detailliert die Haare gezeichnet sind - man kann die Braids förmlich fühlen!
Besonders gut gefällt mir der Titel. Vor allem, weil mir am ersten Blick gar nicht aufgefallen ist, dass die Buchstaben in die Haare eingeflochten sind.
Die Farben sind meiner Meinung nach auch stimmig - ich liebe den dunkelblauen Rand!

Mit Queenie habe ich eine schwierige Zeit gehabt. Es wird schnell klar, dass sie definitiv kein role model ist. Sie macht Fehler - und lernt nichts daraus. Sie beschwert sich über Sachen, für die sie ganz klar verantwortlich ist - und ändert nichts daran. Als Leser fand ich das oft frustrierend und war genervt von ihrer Art. Ihr Verhalten ergibt auch Sinn (vor allem wenn man das Ende und ihr Trauma kennt), denn es handelt ja von einer jungen Frau, der es mental immer schlechter und schlechter geht, aber es war nicht gerade unterhaltsam zu Lesen.

Ihre Freundesgruppe, die sich "Die Corgis" nennt, mag ich allerdings. Queenie hat echt gute Freunde! Die machen sich echt viel mit ihr mit...
Darcy ist dabei die Mutter der Gruppe. Ihr müssen ständig Slang-Wörter erklärt werden und sie hat immer ein offenes Ohr für Queenie.
Mein liebster Charakter ist Kyazike! Sie versteht Queenie am besten und ist auch am längsten mit ihr befreundet. Außerdem hat sie eine unverwechselbare "Stimme". Man weiß immer, welche Nachricht Kyazike geschrieben hat.

Das Buch beginnt mit ein paar Textnachrichten, die Queenie ihrem weißen Freund Tom schickt. Schnell wird dem Leser klar, dass die Beziehung nicht mehr so ist wie früher. Den Beginn muss ich echt loben - meiner Meinung nach der stärkste Teil des Buches mit einigen witzigen Szenen. Danach ging es mit dem Humor eher abwärts.

Der Schreibstil war ganz gut, meiner Meinung nach nicht herausragend.
Was allerdings herausragend war, war die Übersetzung! Die Übersetzerin Henriette Zeltner-Shane hat bewusst ein paar Wörter oder sogar Sätze Englisch gelassen. Deswegen geht zum Beispiel der jamaikanische Akzent von Queenies Großeltern nicht verloren oder ein anderes Beispiel ist Kyazike: Sie spricht auf einer ganz besonderen Art, weil sie so viele Anglizismen und englische Slang Wörter benutzt. Ich finde es gut, dass nicht krampfhaft versucht worden ist alles auf Deutsch zu übersetzten, wenn englische Wörter ein großer Bestandteil des Plots sind.
 
Bei meiner Version des Buches habe ich ein paar Probleme mit der Formatierung gehabt. Es war mir teilweise nicht klar, was jetzt eine Erinnerung ist und was nicht. Oder auch die Textnachrichten waren auf den ersten Blick nicht klar erkennbar. Manchmal fehlte auch eine Zeile Abstand. Aber gerade habe ich noch einmal die Leseprobe gecheckt und entweder es wurde noch etwas an der Formatierung herumgetüftelt, oder es lag an dem Gerät, mit dem ich das E-Book gelesen habe.

Die Rückblenden haben mir an der Geschichte am besten gefallen. Man lernt dabei die gescheiterte Beziehung zwischen Tom und Queenie näher kennen und versteht, wie sie zu Brüchen gegangen ist. Unglaublich finde ich, wie viele rassistische Dinge Toms Familie so nebenbei sagen... Manchmal versteht man nach einer Rückblende Queenies Verhalten etwas besser - aber wie oben schon erwähnt war das bei mir nur selten der Fall.

Im Klappentext werden viele aktuelle Themen angedeutet, für die Queenie steht. Sachen wie die Black Lives Matter Movement werden zwar am Rande erwähnt, spielen aber nur für wenige Szenen eine Rolle. Meiner Meinung nach hätten diese Themen etwas mehr in den Mittelpunkt gestellt gehört.

Queenie ist eine sehr realistische Geschichte mit einem genauso realistischem Ende. Mich stört es zwar, dass ein paar Handlungsstränge zum Schluss nicht aufgelöst wurden, aber im echten Leben passiert das doch auch nicht. Ich persönlich hätte mir etwas mehr Fiktion und eine spannendere Handlung gewünscht.

Fazit: Obwohl ich etwas ganz anderes von diesem Buch erwartet habe, erfüllt es das, was es verspricht. Das Buch wurde wunderbar übersetzt, beinhaltet viele Jugendwörter und witzige Textnachrichten.
Für meinen Geschmack hätte die Handlung etwas humorvoller und dramatischer sein können. Leider verstand ich die Hauptcharakterin an vielen Stellen nicht und wollte sie manchmal am liebsten packen und anschreien.

Dennoch ist es eine berührende Geschichte, die sich im echten Leben genauso abspielen kann und bestimmt ist vielen jungen, schwarzen Frauen sogar so etwas Ähnliches passiert.

Für mich ein mittelmäßiges Buch. 3 Sterne!