Rezension

Kommt herbei und hört die Geschichte

A Psalm of Storms and Silence. Die Magie von Solstasia -

A Psalm of Storms and Silence. Die Magie von Solstasia
von Roseanne A. Brown

Bewertet mit 3.5 Sternen

Die Geschichte um Karina und Malik geht weiter. Während die Prinzessin Karina ohne Dach über dem Kopf und schutzlos durch die Wüste flieht, auf der Suche nach der Hilfe einer höheren Macht, findet der einstige Gossenjunge Malik seinen Platz am königlichen Hofe. Doch beide müssen sich ihrer größten Herausforderung erst noch stellen, um die Welt vor ihrem Untergang zu bewahren.

Die erste Hälfte des Buches war spannungsgeladen und dieses Mal führte uns die Geschichte auch an zahlreiche aufregende Handlungsorte, die ich in Band 1 noch vermisst hatte. Gerahmt wird die Geschichte von einem neutralen Erzähler: die Griote, die uns Lesern die Geschichte der beiden erzählt. Diese Art der Erzählung, sprich: die Einschübe, gefielen mir außerordentlich gut, weil sie einfach einen tollen Rahmen ergeben und damit auch das Ende besonders gemacht haben. Das hat dem Ende des Buches auch sehr gut getan, denn leider zog sich die zweite Buchhälfte wie Brei und auch das Ende hielt für mich nicht die erhoffte Spannung bereit. Auch wenn der Ausgang der Geschichte sicherlich jeden auf irgendeine Art unzufrieden zurücklässt, passt die Imperfektion des Endes doch sehr zu diesem Buch. Dann auch die Protagonisten beweisen in Band 2 einmal mehr ihre eigene Imperfektion. 

Als ich schon glaubte, doch noch mit der Protagonistin Karina warm zu werden, hat sie auf‘s Neue bewiesen, dass sie einfach nichts gelernt hat. Selbst als sie meint, nicht aus egoistischen Motiven zu handeln, handelt sie doch wieder egoistisch.

Browns Protagonisten sind das Gegenteil von perfekt. Ihre Charaktere haben so viele Schwächen und Mäkel, dass es einerseits erfrischend, andererseits aber auch zum Haare raufen ist. So durchwachsene Hauptfiguren sind mir bisher wirklich selten in einem Buch begegnet.

Grundsätzlich handhabt die Autorin das Thema Gender sehr gut. In Solstasia ist es ganz natürlich, dass man entweder Mann oder Frau lieben kann, egal welches Geschlecht man selbst hat. Und das gilt auch für Königstöchter und angehende Königinnen. Daneben hat die Autorin auch einen geschlechtslosen Charakter in das Buch eingebunden. Bei einer Figur war stets die Rede von „sier“ statt er oder sie und „siener“ statt seiner oder ihrer sowie ähnliche Wortneuschöpfungen. Eine ganze Weile dachte ich, das wären Tippfehler, die sich unglücklicherweise durch das Buch ziehen, bis ich das Ganze dann doch mal gegoogelt hatte. Und siehe da, die Autorin (oder Übersetzerin?) verwendet hier geschlechtslose Pronomen. Irgendwann ist dann aber doch die Rede von „der Teenager“, womit die Autorin ihre Figur ja nun doch einem Geschlecht zuordnet. Mich hat das ehrlicherweise erheblich im Lesefluss gestört, zumal es sich hier immer noch in erster Linie um unterhaltene Fantasy und nicht um einen Aufklärungsroman handelt. Als Germanistin kriege ich bei derlei Wortneuschöpfungen eine Gänsehaut. Zudem wusste ich absolut nicht wie ich mir diese Person denn nun vorzustellen habe. Denn auch wenn die Gesellschaft die Figur (und sie sich selbst) keinem Geschlecht zuordnet, so muss sie ja doch mit einem geboren sein? Es ist schön, dass die Autorin das Gender-Thema so hoch hält, aber das war mir hier sehr erzwungen und der Versuch der Geschlechtsneutralität ist hier leider eher misslungen. (Vielleicht tue ich der ja ohnehin englischsprachigen Autorin hier auch unrecht und es handelt sich lediglich um eine Schnapsidee des Lektorats bzw. der deutschen Übersetzung)

Zum Abschluss soll natürlich auch die Liebesgeschichte nicht unerwähnt bleiben, die hier selbstredend mehr Raum einnimmt als noch in Band 1. Auch diese hat, wie vieles in diesem Buch, ihre Stärken und Schwächen. Mir persönlich ging sie allerdings nicht wirklich nahe. 

Lange habe ich mit mir gehadert, ob es nun drei oder vier Sterne für das Buch werden sollten, sodass ich mich nun am Ende mit 3,5 Sternen für die Mitte entschieden habe. Trotz guter Ideen gab es doch zu viel Kritikpunkte.