Rezension

komplexe und spannende Fortsetzung für allerhöchsten Lesegenuss

Twelve. Die Zwölf, englische Ausgabe - Justin Cronin

Twelve
von Justin Cronin

Zitat:
„In ihren Augen erschienen die Sterne planlos verstreut, als würden sie jede Nacht von Neuem über den Himmel gesät.“
(S. 32)

„Alles war still wie auf einem Schlachtfeld nach einem furchtbaren Gefecht, überflutet von der gnadenlosen Sommersonne.“
(S. 64)

„Es war völlig windstill, als bringe die Luft es nicht über sich, sich zu bewegen. Das einzig Lebende waren die Vögel, Geier und Krähen, die am Himmel kreisten.“
(S. 152)

Inhalt:
Der Abwärtsstrudel, in den die Menschheit geraten ist, dreht sich immer schneller. Die letzten Bastionen der menschlichen Rasse drohen zu verschwinden. Das Unheil der Zwölf ist gnadenlos. Ursprünglich zum Nutzen der Menschheit gedacht, droht das missratene Experiment diese nun in aller Konsequenz zu vernichten. Auch die vermeintlichen Nutznießer können sich ihrer Unbezwingbarkeit nicht sicher sein.

Das einzige Heilmittel – Amy – verliert an Stärke. Wie lange kann sie noch widerstehen? Hat sie noch die Kraft, ihren Freunden beizustehen und Schlimmeres zu verhindern? Ein barbarischer Wettkampf beginnt…  

Meinung:
Ich war ja bereits vom ersten Teil der Serie „Der Übergang“ sehr angetan. Keine Frage, dass der zweite Teil, da er ja schließlich schon erschienen war, sofort in mein Regal wandern musste. Natürlich konnte ich das Buch dort nicht lange stehen lassen. Die Komplexität und die gut durchdachten Handlungsstränge hatten es mir ja bereits schon im ersten Teil angetan.

Egal, wie gut ein erster Teil war, irgendwie hat man dann doch eine innere Barriere, wenn das Buch, das man lesen will, eine bestimmte Seitenzahl übersteigt. Auch wenn „Die Zwölf“ hier deutlich hinter seinem Vorgänger hinterherhinkt, muss man doch schon einen gewissen Lesewillen aufbringen, um sich an so ein Werk zu wagen. Doch wer mich kennt, weiß, dass ich Herausforderungen liebe!

Bevor ich jemanden lange auf die Folter spannen will, nehme ich es gleich vorweg. Es hat sich sowas von gelohnt, dieses Buch wirklich nicht im Regal versauern zu lassen! 

Hatte ich Bedenken, nicht mehr in die komplexe Handlung des ersten Bandes finden zu können, wurden diese von Justin Cronin eindrucksvoll zerstreut. Er hielt sich nicht mit allgemeinen Rückblicken oder Ähnlichem auf, nein, der Prolog war in Form einer biblischen Chronik aufgebaut, die mir die Ereignisse aus der Vorgeschichte äußerst vorstellbar vor Augen geführt haben. Eine wirklich gut umgesetzte Idee! Sofort war ich damit wieder mitten im Geschehen und musste nicht in halb vergessenen Erinnerungen kramen, um die Handlung zu verstehen.

Und damit hat mich der Autor auch gleich wieder von Beginn an in seine Geschichte ziehen können. Ohne langes Geplänkel legte Justin Cronin, wie es seine Art ist, wieder los und riss mich mit. Ich konnte eintauchen in diese hervorragend erzählte Geschichte, konnte mich verlieren und ein Teil des Ganzen werden.

Mit seinen Charakteren geht der Autor nicht wirklich zimperlich um. Nachdem ich einige Charaktere aus dem ersten Band wirklich ins Herz geschlossen hatte, ließ er einige davon für den weiteren Fortgang der Geschichte einfach sterben. Sang- und klanglos. Sofort war ich somit emotional berührt. Um diese Entwicklungen erstmal verarbeiten zu können, bedurfte es einiger Zeit. Ich versuchte mit steigender Seitenzahl, meine Bindung zu den Charakteren etwas distanzierter zu gestalten, was mir allerdings sehr schwer fiel. Zu gut und nah wurden diese beschrieben. Ich wollte einfach keine tiefere Beziehung aufbauen. Doch meine Versuche scheiterten kläglich. 

Nachdem ich mich dann doch wieder einem Charakter sehr verbunden fühlte und auch ein gutes Gefühl hatte, hier wirklich nichts falsch gemacht zu haben, musste ich mich eines Besseren belehren lassen. Zwar musste ich mich von dieser starken Persönlichkeit nicht trennen, sprich, sie blieb am Leben. Aber was sie erleben musste, sprengte dennoch die Grenzen des menschlich Vorstellbaren. Trotzdem gehört mein Herz in diesem zweiten Band eindeutig IHR! Mehr kann ich dazu nicht sagen, ohne zu viel zu verraten.

Justin Cronin ist definitiv ein Meister seines Handwerks. Geschickt bindet er immer wieder neue Charaktere und Handlungen in seine Geschichte ein, deren Verstrickungen meist erst später einen Sinn ergeben, dennoch dermaßen fesselnd beschrieben werden, dass man sich kaum von den Seiten lösen kann. 

Amy selbst tritt in diesem Band wiederum eher temporär in Erscheinung. Man bemerkt aber eindeutig eine große Entwicklung in ihr selbst. Einerseits wird sie vom Mädchen nun zur Frau. Andererseits scheint sie immer noch ihre Geheimnisse zu verbergen. Was jedoch für ein Potential in ihr steckt, muss allerdings jeder selbst erfahren. Ihr werdet es nicht bereuen!

Justin Cronin erzählt seine Geschichte wie bereits im ersten Teil in Vergangenheitsform und überlässt dabei verschiedenen Charakteren das Feld. Interessant ist hierbei jedoch, dass der Autor verschiedene Erzählstile nutzt. Bis hin zum ansatzweise auktorialen Erzählstil ist wirklich alles vorhanden. Das ist jedoch nicht alles. Er ließ mich die Geschichte außerdem in verschiedenen Zeiten erleben, sprich, man springt mitunter zwischen verschiedenen Zeiten der Handlung hin und her. Das mag einerseits verwirrend klingen. War es aber nicht, denn hierdurch habe ich die oftmals ersehnten Erklärungen erhalten. Und genau das macht die Reihe auch so interessant. Der Autor experimentiert mit einer Vielzahl von Darreichungsformen, die letztendlich jeden Leser ansprechen könnten.

Justin Cronin ließ mich in seine Welt eintauchen, erzählte mir so vorstellbar und realistisch seine Version, dass ich mich im Nachhinein frage, wie ich zukünftig ohne die mir liebgewonnenen Personen und Landschaften bis zum dritten Band auskommen kann. Dabei hatte ich nie das Gefühl, ausufernden Beschreibungen zu erliegen oder tatsächlich Längen zu verspüren. Alles, jedes einzelne Wort, ergab im weiteren Verlauf einen Sinn. Aus meiner Sicht ist Herrn Cronin hiermit etwas wirklich ganz Großes gelungen!

Nach einem großen Finale klingt die Geschichte vorerst beruhigend aus. Zufrieden mit dem vorläufigen Ende konnte ich das Buch nun schließen und freue mich umso mehr auf den abschließenden Teil dieser Trilogie. Abschließend kann ich nur sagen: Traut euch an dieses seitengewaltige Meisterwerk!

Urteil:
In „Die Zwölf“ erhielt ich Antworten auf viele meiner Fragen, musste erzwungen tatenlos so manche Entwicklung beobachten, fühlte und fieberte mit den Charakteren und hatte mit diesen sowohl komplexen als auch genial durchdachten Handlungen ein riesiges Lesevergnügen. Alles andere als 5 Bücher wäre ein absoluter Frevel an dieser einmaligen Geschichte!

Alle, die kein Blut sehen können, sollten die Finger von dieser Geschichte lassen! Für die anderen, die sich Herausforderungen stellen, Leiden ertragen können und mitgerissen werden wollen, führt kein Weg an dieser Reihe vorbei.

Die Serie:
1. Der Übergang 
2. Die Zwölf
3. Originaltitel: The City of Mirrors
(voraussichtlicher Erscheinungstermin 2014)

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