Rezension

Kompliziert, aber gut!

Die Frau aus Oslo - Kjell Ola Dahl

Die Frau aus Oslo
von Kjell Ola Dahl

Bewertet mit 4 Sternen

Ereignisse aus dem Jahr 1942 werfen ihre Schatten bis in das Jahr 2015...

Eine kleine Warnung gleich zu Beginn: dies ist kein Krimi, den ich einfach so „wegschmökern“ konnte! Ich musste ihn schon konzentriert lesen, auch mal zurückblättern, (nur angedeutete) Zusammenhänge erkennen, eigene Schlüsse ziehen – ob sie auch richtig gewesen sind? Für mich passten sie jedenfalls...

Der Autor Kjell Ola Dahl verzichtet in seinem Buch „Die Frau aus Oslo“ darauf, seinen Lesern am Ende einen klassischen Krimi-Schluss zu präsentieren, sondern überlässt seinen Lesern das Fazit und letztendlich auch das Urteil... Sehr ungewöhnlich, aber spannend, auch jetzt noch im „Nachgang“!

Die Geschichte wird hauptsächlich in zwei Zeitsträngen (1942 und 1967) erzählt, eingebettet in einen Prolog und Epilog, die im Jahr 2015 spielen. Die Hauptprotagonistin Ester lebt 1942 mit ihrer jüdischen Familie in dem von Nationalsozialisten besetzten Oslo / Norwegen, sie arbeitet aktiv im Widerstand. Nachdem ihre Aktivitäten an die deutsche Besatzungsmacht verraten werden, muss sie nach Stockholm / Schweden flüchten. Bei der Flucht unterstützt sie ihre Freundin Ase. Ihrer Familie gelingt die Ausreise nicht, sie werden – wie alle norwegischen Juden - nach Deutschland deportiert.

In Stockholm erfährt Ester, dass ihre Freundin Ase ermordet wurde, der Täter / die Täterin nicht gefasst. Jedoch Gerhard, Ases Lebensgefährte und der Vater der kleinen Tochter, kann sich ebenfalls nach Stockholm retten. Soweit zur Geschichte...

Außer an Esters Handlungen nehmen wir Leser auch teil an den Aktivitäten von Sverre (einem der Organisatoren des norwegischen Widerstandes in Schweden) und von Gerhard.  Doch 1942 geschehen Ereignisse in Stockholm, deren Auswirkungen erst 1967 wiederum in Oslo zu tragischen Konsequenzen führen... Wie der Autor seinem Buch vorangestellt hat: „Die Rache ist ein treuloser Diener“.

Mich hat dieses Buch sehr fasziniert, ich wusste zwar, dass es in Norwegen eine starke Widerstandsbewegung gab, aber so direkt (mittendrin) hatte ich noch nie davon gelesen. Und mir ist auch deutlich geworden, dass Widerstandskämpfer durchaus „Menschen wie Du und ich“ sind mit der Gesamtheit menschlicher Emotionen, sowohl positiven als auch negativen!

Den Schreibstil habe ich eher als beschreibend, emotionslos und kühl empfunden, sehr passend zur Geschichte!

Gestört haben mich allerdings die häufige Erwähnung diverser Straßennamen - bitte nicht falsch verstehen, ich liebe Lokalkolorit und weiß gern, „wo“ ich bin, aber hier musste ich ab einem Punkt darüber „hinweg“ lesen... Und vielleicht hätte doch die eine oder andere Stelle etwas kürzer und knapper beschrieben werden können?

Mich hat der Schluss überzeugt, diesmal wurden mir nicht vom Autor die losen Enden zusammengeschnürt, sondern dies war hier meine eigene Aufgabe (so dass andere Leser vielleicht zu anderen Schlussfolgerungen kommen), aber ich habe es als logisch und zufriedenstellend empfunden - aus diesem Grund gebe ich gern eine Leseempfehlung für diesen „etwas anderen“ Krimi!