Rezension

Konkurrenz für Holmes & Co

Flavia de Luce 01. Mord im Gurkenbeet - Alan Bradley

Flavia de Luce 01. Mord im Gurkenbeet
von Alan Bradley

Bewertet mit 4 Sternen

Flavia ist nicht die erste jugendliche Ermittlerin der Weltliteratur - aber definitiv eine der originellsten! Schon auf den ersten Seiten lernt man so einiges über sie: Sie ist 11 Jahre alt aber vielleicht der intelligenteste Mensch im Umkreis von 5 Meilen. Sie liebt Chemie mehr als alles andere auf der Welt und hat ihr eigenes Labor, in dem sie mit Vorliebe Gifte mischt. Sie führt einen erbitterten Kleinkrieg gegen ihre großen Schwestern, bei dem sich beide Seiten nichts schenken, und deswegen kann Flavia inzwischen sogar gefesselt, geknebelt und mit verbundenen Augen aus einem verschlossenen Schrank entkommen wie Houdini Junior.

Sie ist naseweis und altklug und sehr von ihrer eigenen Brillianz überzeugt. Sie kann ein kleines Biest sein, und sie hat kein rechtes Gefühl dafür, wann sie sich in ernsthafte Gefahr begibt... Aber sie kam mir vor wie ein winziger weiblicher Sherlock Holmes, und deswegen fand ich sie fantastisch! Und natürlich ist sie für die örtliche Polizei eine echte Landplage, genau wie Holmes es für Inspektor Lestrade war - das war manchmal einfach zum Totlachen. Überhaupt hatte das Buch einen großartigen Humor: zum Teil wegen Flavias staubtrockener, sarkastischer Art und zum Teil, weil sie selber gar nicht bemerkt, wie sehr sie sich benimmt wie eine kleine Diva. Es ist ein ganz feiner, intelligenter Humor, kein platter Schenkelklopfer... Wunderbar!

Flavia ist der schrullige, strahlende Star dieser Geschichte, und alle anderen Charaktere verblassen etwas in ihrem Schatten, aber meiner Meinung nach hat sie mehr als genug Ausstrahlung, um das Buch interessant und lohnend zu machen. Manchmal kommen gute Dinge wirklich in kleinen Packungen.

Die Krimihandlung ist intelligent geschrieben und war für mich kein bisschen vorhersehbar. Erst nach und nach fügen sich die Puzzleteilchen zusammen, und Flavia ermittelt mit Mut, Intelligenz und Kreativität - wobei sie manchmal auch gründlich falschliegt und erst fast zu spät realisiert, dass sie sich in tödliche Gefahr begibt... Für mich war "Mord im Gurkenbeet" ein spannender Krimi mit einer klassischen Atmosphäre, den ich sehr gerne gelesen habe!

Der Schreibstil ist anspruchsvoll, liest sich aber trotzdem flüssig und unterhaltsam. Da Flavia Chemie über alles liebt, werden natürlich öfter Experimente beschrieben und Flavia versorgt uns mit vielen kleinen Häppchen chemischen Wissens - das klingt erstmal abschreckend, wenn man sich selber nicht für Chemie interessiert, aber man muss das alles nicht wirklich verstehen... Man kann auch einfach darüber hinweglesen, ohne von der Handlung viel zu verpassen, dann liest sich das einfach wie Hintergrundatmosphäre.

Fazit:
Der Roman steht und fällt mit seiner kleinen Heldin - ob man das Buch mag oder nicht, das hängt vor allem davon ab, ob einem Flavias altkluge Art liegt oder nicht. Mir hat das Buch wunderbar gefallen: ein intelligenter, origineller Krimi mit einem guten Spannungsbogen und (für mich) genau dem richtigen Tempo.