Rezension

Konnte mich leider nicht richtig packen..

Wir sehen uns unter den Linden - Charlotte Roth

Wir sehen uns unter den Linden
von Charlotte Roth

Bewertet mit 3 Sternen

Kurz vor dem Ende des Krieges, musste die damals 16 Jahre alte Susanne erleben, wie ihr geliebter Vater vor ihren Augen von den Nazis erschossen wurde. Volker Engel war Lehrer, hat immer an den Sozialismus geglaubt und im Verborgenen gegen die Nazis gekämpft. Diese Überzeugung hat ihn schließlich das Leben gekostet. Mittlerweile ist der Krieg vorbei. Berlin ist eine geteilte Stadt. Susanne lebt mit ihrer Familie im Ostteil. Da sie die Überzeugung ihres Vaters teilt, glaubt sie an den Sozialismus und ist eifrig dabei, den neuen deutschen Staat mit ganzem Herzen zu unterstützen. Eines Tages lernt sie den lebenslustigen Koch Kelmi kennen. Kelmi stammt aus dem Westen Berlins und obwohl Susanne gegen ihre Gefühle für den jungen Mann ankämpft, kann sie ihm schon bald nicht mehr widerstehen. Doch immer wieder gibt es Streit und Missverständnisse zwischen den beiden, denn Susannes Glaube an den Sozialismus in der DDR ist unerschütterlich. Die Kluft zwischen den beiden deutschen Staaten, du damit auch zwischen Susanne und Kelmi, scheint immer größer zu werden. Als der Mauerbau im August 1961 die DDR vom Westen trennt, muss Susanne eine Entscheidung treffen.... 

In "Wir sehen uns unter den Linden" spannt Charlotte Roth einen weiten Bogen, um die ergreifende Geschichte zu erzählen. Es gibt zwei Handlungsstränge, die in acht Teile gegliedert sind und eine Zeitspanne von Jahrzehnten umfassen. Der erste Handlungsstrang schildert die Ereignisse von 1928-1944 und der zweite die von 1952-1961. Beide Stränge wechseln sich kontinuierlich ab. 

Der Einstieg verläuft nicht ganz so mühelos, wie man es von den anderen Erzählungen der Autorin kennt. Zunächst muss man die unterschiedlichen Charaktere kennenlernen und die Wechsel der Perspektiven zuordnen. Man merkt, dass die historischen Hintergründe dieser Geschichte sehr gut recherchiert sind, denn detaillierte Informationen fließen ins Geschehen ein. Sie lassen die Hintergrundkulisse dadurch authentisch wirken. Allerdings kommt es gelegentlich vor, dass man das Gefühl hat, zu viele Informationen zu bekommen, die dafür sorgen, dass sich das Ganze nicht so flüssig und rund lesen lässt, wie man es sonst von Charlotte Roth kennt. Es braucht auch seine Zeit, bis man mit den unterschiedlichen Charakteren der Geschichte warm wird. Doch wenn das passiert, dann kann man sich dem Geschehen nicht mehr entziehen. 

Susanne macht es einem nicht leicht. Auch wenn man weiß, warum sie so auf den Sozialismus fixiert ist und versteht, dass sie davon überzeugt ist, fällt es schwer, ihre Handlungen und Gedanken nachzuvollziehen. Sie wirkt stellenweise sehr verbohrt, sodass man sie einfach nur schütteln möchte. Deshalb ist es auch nicht ganz einfach, die Liebe, die sich zwischen ihr und Kelmi entwickelt, mit dem Herzen nachzuvollziehen. Dennoch beobachtet man gebannt das Geschehen und kann sich nicht vorstellen, wie alles enden soll. Das Ende überrascht dann auch, ist für diese Erzählung allerdings sehr angemessen. 

Ich habe schon einige Romane von Charlotte Roth mit großer Begeisterung gelesen. Deshalb war ich sehr gespannt auf "Wir sehen uns unter den Linden". Allerdings muss ich gestehen, dass mich die Erzählung dieses Mal einfach nicht gepackt hat. Der Plot wirkte auf mich sehr interessant und auch die Art, wie diese Geschichte erzählt wurde, konnte mich überzeugen. Man hat auch stets gemerkt, wie gut die historischen Hintergründe recherchiert wurden. Allerdings konnte ich mich leider gar nicht mit Susanne identifizieren und deshalb habe ich das Geschehen eher distanziert betrachtet. Die große Liebe zwischen Kelmi und Susanne habe ich überhaupt nicht gespürt und mich beim Lesen oft gefragt, warum Kelmi die verbohrte Susu nicht einfach abschreibt und vergisst. Das Ende ist, für meinen Geschmack, allerdings sehr gelungen und wirkt auf mich, so wie es ist, rund und glaubwürdig.