Rezension

Konnte mich mitreißen und war so fesselnd wie dramatisch.

Grenzgänger - Mechtild Borrmann

Grenzgänger
von Mechtild Borrmann

Bewertet mit 5 Sternen

Der Roman "Grenzgänger" von Mechtild Borrmann dreht sich um Heimkinder in den 50er und 60er Jahren. Das Buch erscheint am 01.10.2018 im Droemer Verlag.

Aachen 1970: In diesem Jahr steht Henni, Ende dreißig, verheiratet und zweifache Mutter, angeklagt des Mordes und der Brandstiftung mit Todesfolgen vor Gericht. Ihre Jugendfreundin Elsa kann die Anschuldigungen nicht glauben und besucht die Prozeßverhandlungen regelmäßig. Ein Jurastudent möchte über diesen Prozeß eine Seminararbeit schreiben und befragt Elsa nach den Hintergründen. Elsa erzählt ihm von Henni, ihren Familienverhältnissen und der schwierigen Zeit nach dem Krieg. Die Menschen versuchten mit Kaffee-Schmuggel über das Große Venn ihre Haushaltskasse etwas aufzubessern. Auch Henni brachte damit ihre drei Geschwister und ihren Vater über die Runden. Doch sie wurde gefasst und landete in einer Besserungsanstalt.

Dieser Roman spielt in der Deutschen Nachkriegszeit ab 1945 und führt bis in die 70er Jahre hinein.

Es offenbahrt sich eine belastende Geschichte um die Familie Schöning, die in einem kleinen Dorf an der deutsch-belgischen Grenze lebt. Der Vater ist aus dem Krieg zurückgekehrt und ist nicht mehr der Alte, die Mutter verstirbt früh und Henni übernimmt mit gerade mal 17 Jahren die Verantwortung für die Geschwister und die Ernährung der Familie. Sie macht beim Kaffeeschmuggel mit, die Einkünfte braucht sie dringend. Sie führt andere Schmuggler durch die Route mitten durch das gefährliche Moor.

Es kommt zu einem tragischen Ereignis, Hennies Schwester begleitet sie und wird von Zöllnern erschossen. Ihr Vater macht Hennie dafür verantwortlich und sie landet in einer Besserungsansatalt.

Die Vorgänge sind sehr bedrückend geschildert, das gezeigte Elend in den Kinderheimen spiegelt grausame Unmenschlichkeit wider und ich war beim Lesen sehr betroffen und konnte das Buch einfach nicht aus der Hand legen.
Die Einblicke in Hennies Vergangenheit bringen immer mehr Klarheit. Elsa ist von Hennies Unschuld überzeugt und tut alles, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Doch das ist nicht so leicht, es gibt einige Umstände, die der Gerechtigkeit nicht zum Sieg verhelfen.

Mechtild Borrmanns klare und präzise Sprache zeigt die Ereignisse so realistisch auf, dass man in den Sog dieser Geschichte gerät und von ihr gefangen wird.

Die gefühlslose Grausamkeit, die hier den Kindern im Heim geschieht, das empfindungslos Verhalten des Vaters und anderen Erziehungsbeauftragten ist zutiefst verstörend zu lesen und geht sehr ans Herz. Und doch gibt es immer wieder kleine Hoffnungsschimmer, mit denen man die Figuren mit Bangen begleitet.

"Grenzgänger" hat mich nicht nur während des Lesens im Griff gehabt, es wirkt auch noch darüber hinaus lange nach.

Recht ist nicht Gerechtigkeit, wenn die Wahrheit nicht gesiegt hat.

Dieser Roman ist mitreißend und vollkommen fesselnd. Er enthüllt eine ergreifende Geschichte, die mit einer Kriminalhandlung die Nachkriegszeit zum Leben erweckt und für Erschütterung beim Leser sorgt. Uneingeschränkte Leseempfehlung für dieses Buch!