Rezension

Konnte nicht überzeugen

Sommer im Herzen - Mary Kay Andrews

Sommer im Herzen
von Mary Kay Andrews

Okay, ich gebe es zu: Ich lasse mich zuweilen von hohen Plätzen in der Spiegel- Bestsellerliste blenden. Und nehme dann gleich an, dass es sich deswegen um gute Bücher handeln müsse. Ist ja auch oft so! Leider nicht bei „Sommer im Herzen“, was schon vom Titel her dämlich banal klingt.

Trotzdem habe ich es mir gekauft, in der Hoffnung, ein tolles Sommerbuch mit ganz viel Liebe lesen zu können. Und dass die Hauptperson eine Bloggerin ist, fand ich noch interessanter.

Grace Stanton ist berühmt und schön und reich und überhaupt einfach toll. Als sie vor einigen Jahren begann, über ihre Arbeit als Innenarchitektin zu bloggen, dachte sie noch nicht, dass sie damit zu so einem Erfolg kommen würde. Mittlerweile ist ihr Lifestyle- Blog „Gracenotes“ ein florierendes Wirtschaftsunternehmen. Geleitet wird alles von ihrem Mann Ben. Und der hat eine Affäre mit ihrer Assistentin. Grace erwischt die beiden in flagranti und ist so wütend, dass sie komplett ausrastet und das neue Auto ihres Mannes im Pool versenkt. Soweit der lustige Teil des Romans.

Was dann folgt, ist einfach nur absurd: Ben verwandelt sich in dieser Sekunde, in der sein Auto auf den Grund des Pools gluckert, in ein egoistisches Arschloch, sperrt Grace Konten, lässt sie aus der bewachten Reiche- Leute- Siedlung entfernen. Sie steht mit nichts da. Alle Nachfragen seitens ihrer Mutter bringen nichts, Grace hat von nichts eine Ahnung, weil Ben sich immer um „alles“ gekümmert hat. Selbst zu ihrem eigenen Blog hat sie keinen Zugang mehr. Soweit konnte ich die Geschichte noch akzeptieren. Grace wurde mir zwar zunehmend unsympathisch, weil sie sich eher wie ein verwöhntes Gör denn wie eine erwachsene Frau benahm, aber okay.

Von ihrem Scheidungsrichter wird Grace zu einer Trennungsbewältigungsgruppe geschickt, in der noch andere Frauen und ein Mann sitzen, die auf Grund der Fehltritte ihrer Partner… sagen wir mal: Leichte Aggressionsprobleme bekommen haben. Der Richter ist ein ziemlicher Idiot und scheint es zu genießen, die Gehörnten vor aller Welt vorzuführen. Die Therapeutin, zu der sie geschickt werden, ist jedoch mehr als dubios und sie kommen einer Verschwörung auf die Spur. Soweit zum uninteressanten und realitätsfernen Teil des Romans.

Das Problem dabei war, dass ich als Leserin immer schon vorausahnen konnte, wie Grace und die anderen Teilnehmer der Therapie nun wieder fertiggemacht werden. Die Autorin lässt sich jedoch viel Zeit, ihre Figuren dann in diese Situationen stolpern zu lassen. Man wusste also schon, dass Grace und Co gleich wieder naiv ins nächste Fettnäpfchen treten oder in eine dumme Situation kommen werden, aber man konnte den Verlauf der Geschichte nicht aufhalten und das hat mich so genervt, dass ich zwischendurch kaum weiterlesen konnte.

Parallel dazu läuft allerdings noch eine andere Geschichte: Grace stößt bei einer Joggingrunde nämlich auf ein altes baufälliges Haus und will es renovieren. Eigentlich eine schöne Idee, aber die war der Autorin offensichtlich nicht genug, denn sie ließ Grace Exmann und seine neue Freundin alles sabotieren, was Grace tat. Das war so schade! Dieser Neubau und diese Renovierung als Metapher für die „Renovierung“ der eigenen Persönlichkeit und des eigenen Lebens war so schön – und dann tauchen dieser Idiot und seine noch idiotischere Freundin ständig auf, um Grace wegen ihres Blogs fertigzumachen. Wegen eines Blogs! – Okay, sie hat damit viel Geld verdient, aber eigentlich hätte dieser Blog ihr kleinstes Problem sein sollen. Ich war einfach nur genervt. Und ich habe auch nicht verstanden, warum Grace nicht einmal in den Sinn gekommen ist, einfach wieder als Innenarchitektin zu arbeiten, sondern sie immer nur auf Teufel komm raus versucht hat, einen Blog zu führen, der dann wieder von ihrem Ex gehackt wurde, weil er ihr nichts gönnt und immer so weiter. Naja, musste ich eben so akzeptieren.

Gegen Ende wurde das Buch noch ganz schön, vorher haben mich viele Kleinigkeiten in der Geschichte und vor allem an Grace Persönlichkeit gestört, sodass ich nicht richtig in den Fluss kam, sondern nur ständig „boaaah, ist die dumm!“ vor mich hingeflüstert habe. Und das ist irgendwie kein gutes Gefühl beim Lesen.

Da ich dem Buch nach dem wirklich guten Schlussteil nun doch einigermaßen versöhnlich gegenüberstehe, vergebe ich noch 2/5 Fräulein. Aber ich bin mir sicher, dass ich es nie wieder lesen werde.