Rezension

Konrads Geheimnis

Was ich nie gesagt habe -

Was ich nie gesagt habe
von Susanne Abel

Bewertet mit 5 Sternen

Köln, Juli 2016. Der Moderator Tom Monderath nimmt eine berufliche Auszeit und genießt das Leben mit seiner Freundin Jenny und deren vier Monate alten Sohn Carl. Mit der wohltuenden Ruhe ist es vorbei, als Tom seinen Halbbruder Henk trifft, von dessen Existenz er zufällig über eine DNA-Suche erfahren hat. Plötzlich keimt in Tom der Wunsch auf, mehr über seinen Vater Konrad und dessen augenscheinliche Geheimniskrämerei zu erfahren. Kein leichtes Vorhaben, denn Konrad ist bereits viele Jahre Tod und Toms Mutter Greta ist wegen ihrer fortgeschrittenen Demenz nicht in der Lage, ihm die gewünschten Antworten zu geben…

Obwohl ich den ersten Roman rund um Greta und ihren schicksalhaften Lebensweg nicht gelesen habe, war ich schnell mittendrin im Geschehen und hatte schon nach wenigen Seiten das Gefühl, mit allen Figuren gut vertraut zu sein. Auch ohne Kenntnis der vorherigen Ereignisse habe ich einen guten Eindruck davon bekommen, was Greta alles durchmachen musste. In diesem Buch rückt Toms Vater Konrad in den Fokus der Handlung. Konrads Erlebnisse und sein Handeln wirken bis in die Gegenwart nach und hatten bzw. haben einen großen Einfluss auf Tom und seinen Werdegang.

Konrads Wachsen und Werden wird in einem zweiten Handlungsstrang erzählt, der im Mai 1933 beginnt, als Konrad fünf Jahre alt ist. Der Leser begleitet Konrad durch seine Kindheit und Jugend und erlebt mit ihm die Schrecken des Krieges und die Unbarmherzigkeit der Nazis. Aus US-amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurück, studiert Konrad in Heidelberg Medizin und lernt Greta kennen und lieben. Gemeinsam mit ihr kehrt er nach Köln zurück und eröffnet mit seinem Onkel Drickes eine gynäkologische Praxis.

Susanne Abel erzählt die Geschichte sehr anschaulich - die feine Charakterisierung der Figuren, die bildhaften Beschreibungen der Handlungsorte und die Schilderungen des abwechslungsreichen Geschehens sowohl in dem historischen wie in dem zeitgenössischen Part machen diesen Roman zu einem genauso ergreifenden wie spannenden Leseerlebnis.

Die Autorin hat in diesem Buch Themen verarbeitet, bei denen es mir zum Teil eiskalt den Rücken heruntergelaufen ist. Es geht um Reproduktionsmedizin und Spenderkinder. Und um die gezielte Fortpflanzungspolitik der Nazis, um Eugenik und Kinder-Euthanasie. Außerdem geht Susanne Abel der Frage nach, was eigentlich Familie ist. Was prägt uns? Welche Rolle spielen die Gene? Auf Seite 519 sagt Helga zu Tom: „Nicht alle dunklen Ecken brauchen Licht“. Aber, ist das wirklich so? Kann eine Familie auch dann glücklich sein, wenn ihr Fundament aus Geheimnissen und Lügen besteht? Ich denke nicht. Nicht immer ist Schweigen Gold.

„Was ich nie gesagt habe - Gretchens Schicksalsfamilie“ hat mir sehr gut gefallen – eine mitreißende Familiengeschichte, die kurzweilig erzählt wird und mich auch nach dem Lesen noch lange beschäftigt hat.