Rezension

Konstant guter Abschluss

Fronleichnamsmord - Bea Rauenthal

Fronleichnamsmord
von Bea Rauenthal

Bewertet mit 3.5 Sternen

Mein Titel verrät es schon. Es ist kein fulminantes Ende, es erwarten den Leser keine herausragenden Wendungen oder allzu viele Überraschungen, aber Spaß am Lesen ist dennoch garantiert, weil Bea Rauenthals Schreibstil den Leser nicht loslässt und wer sich für die Charaktere interessiert unbedingt weiterlesen möchte.

In Fronleichnamsmord findet Bea Rauenthals Krimi-Zeitreise-Trilogie ein ausgebremstes, aber letztlich passendes Ende. 

Band drei datiert auf 1974 und versetzt Jo in die Lage, eine der ersten Frauen im deutschen Polizeiwesen zu sein, während Lutz als Hippie quasi "Undercover" arbeitet. Nachdem sich die beiden im vorherigen Band einigen persönlichen Schwierigkeiten gegenüber sahen, ist das Zusammenfinden hier anfangs zwar unterkühlt, aber in der Entwicklung.

Dem Mordfall sind sie recht bald auf der Spur, aber dieser Teil der Geschichte ist - wie auch in den vorherigen Bänden - eher Nebenschauplatz. Der rote Faden ist gut durchdacht und bietet schon einige Knoten für das mitratende eigene Hirn, allerdings wird dem nicht ganz die spannungsgeladene Aufmerksamkeit gewidmet, wie es in anderen Krimis der Fall ist. Mindestens genauso wichtig ist die persönliche Schiene zwischen Jo und Lutz, und wenn man das Ende liest, wohl auch das wichtigste.

Bea Rauenthals Schreibstil zieht mit, wie eine Klette die am Leser hängt, lässt es nicht locker. Das macht die Geschichte unheimlich kurzweilig und den Leser neugierig. Es scheint ein allumfassendes Konzept hinter der Trilogie zu stecken und das ist beeindruckend präzise umgesetzt. Die Erzählung ist authentisch und ehrlich - ohne viele Schnörkel und Stricke, die den Leser verwirren sollen und so eine künstliche Spannung aufrecht erhalten. 

Trotzdem hat man das Gefühl, dass das Ende nicht schnell genug kommen konnte und ziemlich überhastet auf den Tisch geknallt wird. In dem einen Moment versucht man noch die Auflösung um den Mörder zu begreifen und im nächsten ist unser Ermittlerpärchen wieder in der Gegenwart und alles ist wieder gut. Es mag Gründe geben, das ganze nicht noch länger hinauszuzögern, aber der Schluss wirkte einigermaßen lieblos - wie eine Pflichtübung. Was eigentlich schade ist, denn Jo und Lutz haben als Pärchen und vor allem als Ermittlerduo eine mitreißende Energie, die die ganze Stimmung des Buches trägt. 

Dafür, dass der Kriminal so abgekanzelt wird, wird ihm im Buch zuviel Aufmerksamkeit gewidmet. Und für das, zwar nicht überraschende, aber gut entwickelte, Persönliche Finale wird während der Geschichte wenig vorbereitendes getan. So überrascht man vom Mörder auch ist, überraschter ist man, wenn die Geschichte plötzlich vorbei ist und irgendwie noch fünfzig Seiten kommen könnten.

Interessant finde ich die Tatsache, dass Jo und Lutz in der Realität an der 40 Jahre Marke kratzen - völlig legitim, müssen doch beide eine gewisse Erfahrung und Routine in ihrem Beruf entwickelt haben, um souverän handeln zu können. In ihren Rückreisen sind sie aber immer Anfang bis Mitte zwanzig. Das mag vielleicht daran liegen, dass sie nicht als sie selbst zurück gereist sind, sondern in "Gast"-Körpern unterkommen, aber das mag auch nur ein Zufall sein. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich als Leser immer mit dem ersten Charakter in Berührung bleibe. Was danach kommt wird erstmal skeptisch beäugt und als Nachzügler abgestempelt. Wenn mir also von Beginn an erzählt wird, dass meine weibliche Hauptrolle fast vierzig ist, habe ich erstmal ein bestimmtes Bild vor Augen. Mir dann vorstellen zu müssen, dass diese Person plötzlich zwanzig Jahre jünger aussieht, und das auch nur temporär, finde ich schwierig. Es hat der Geschichte keinen Abbruch getan, war aber auffällig.

Fazit:

Ein angenehmes Leseerlebnis ohne Höhen und Tiefen, aber mit kontinuierlicher Spannung und tiefen Charakteren. Jo und Lutz haben mir beide wirklich gut gefallen. Obwohl ich anfangs der Meinung war Lutz sei jünger als Jo und diese Konstellation merkwürdig auf mich wirkte, habe ich die beiden gut vor Augen und - was ich wichtiger finde - ich kann die Entscheidungen beider Protagonisten nachvollziehen und befürworten. Nichts ist schwieriger als eine Romanfigur, die in sich nicht völlig ausgereift ist. Diese geschliffenen Charaktere zeichnen Bea Rausstahl aus und hinterlassen trotz kaum fassbarem Kriminalfall und unstetem Ende eine gute Geschichte, die nachhaltig positiv in Erinnerung bleibt