Rezension

Kreative Interpretation der Medusa-Sage mit spannenden Figuren und vielen Geheimnissen!

Magie aus Gift und Silber - Lisa Rosenbecker

Magie aus Gift und Silber
von Lisa Rosenbecker

Bewertet mit 5 Sternen

Rya beobachtet Tag für Tag die Welt um sich herum, ohne daran teilhaben zu können, und das schon seit mindestens 100 Jahren, das ist jedenfalls der Zeitraum an den sie überhaupt eine Erinnerung hat. Ansonsten ist da gar nichts, sie kennt nur ihren Namen und die ewig gleichen Besucherströme, die an ihrem Platz im Museum vorbei ziehen. Denn Rya ist eine Statue, zumindest bis zu dem Tag, an dem Nick sie im Museum findet und sie hinter dem Marmor spüren kann. Es gelingt ihm, die junge Frau zu befreien, doch in Sicherheit ist sie damit noch lange nicht. Menschen in Stein verwandeln, das können nur die heimtückischen Gorgonen, die auch heute noch unter uns leben und einen erbitterten Krieg gegen die Nachfahren des legendären Kriegers Perseus führen. Ryas Schicksal ist eng mit diesem Krieg verknüpft, doch woher soll sie wissen, welche Rolle sie darin spielt und wie kann sie Gut und Böse auseinanderhalten, wenn sie doch keine Erinnerung an ihr früheres Leben hat?

Altertümliche Mythen und Legenden finde ich ohnehin spannend und diese moderne und höchst kreative Auslegung der Medusa Sage von Lisa Rosenbecker hat genau meinen Geschmack getroffen.

Sie enthält genug Auszüge des Originals (bzw. der Originale, denn es gibt zahlreiche Varianten der Legende um die berühmte Gorgone), um sich vertraut anzufühlen, was den Einstieg in die Geschichte ganz einfach macht.

Der weitere Verlauf ist von künstlerischer Freiheit geprägt und mir gefiel es sehr, wie die griechische Mythologie in unsere moderne Welt übertragen wurde. Ich hatte immer das Gefühl, ungefähr zu wissen, worauf das Ganze hinauslaufen könnte, wurde auch nicht enttäuscht, aber dennoch überrascht, da es doch zahlreiche Wendungen und Details gab, mit denen ich nicht gerechnet hatte.

Lisa Rosenbeckers Schreibstil gefällt mir sehr, er wirkt frisch, sympathisch und anschaulich, ist angenehm zu lesen und trägt einen ganz unbeschwert durch die Handlung. Der Roman ist hervorragend strukturiert und mehr als einmal hat mich das gut gewählte Timing begeistert.

Die Figuren finde ich sehr lebensnah, vor allem mit Protagonistin Rya könnte ich gut mitfühlen. Besonders gelungen ist der Autorin meiner Meinung nach zu zeigen, wie Rya sich bemüht in der modernen Welt anzukommen, aber doch immer ein Stück weit fremd bleibt, so lange ihre unbekannte Vergangenheit sie festhält. Das Dilemma, das Richtige tun zu wollen, dabei aber von den Informationen und Meinungen anderer abhängig zu sein, ist beim Lesen deutlich zu spüren. Toll fand ich auch, dass die Figuren alle über einen ausgeprägten und vielseitigen Charakter verfügten und nicht einfach „gut“ oder „böse“ waren.

Das Aussehen des Buches möchte ich nicht unerwähnt lassen: Das wundervolle Cover, gestaltet von Marie Graßhoff, wird im Inneren von weiteren Illustrationen und schmuckvollen Designs bei Kapitelbeginn ergänzt (Illustrationen von Sophie Usui / Yomiya). Durch dieses passende „Gesamtpaket“ macht das Lesen noch mehr Spaß!

Ein wirklich schönes Buch, das mich ausgezeichnet unterhalten hat!