Rezension

Kretische Seilschaften

Kretische Feindschaft - Nikos Milonás

Kretische Feindschaft
von Nikos Milonás

Bewertet mit 3 Sternen

Mehr Familiengeschichte als Krimi, lässt sich angenehm lesen, ist aber nur mäßig spannend, eher eine ruhige Urlaubslektüre

Der Polizist Michaelis wohnt mit über 30 Jahren noch bei seinen Eltern im alten Kinderzimmer. Er ist dort glücklich, ohne Familie geht es nicht auf Kreta. Seine Eltern führen mit seinem älteren Bruder das Familienlokal. Das gute Essen dort ist immer mal wieder Thema und so wurde unser Speiseplan während der Lektüre deutlich mit griechischen Elementen angereichert. Eine nette Inspiration am Rande.

Michaelis ist mit einer deutschen Doktorantin liiert, die ihn regelmäßig besucht und von seiner Familie heißgeliebt wird. Obwohl sie diese Zuneigung erwidert, fällt ihr das Leben und Arbeiten in dem kleine Kinderzimmer schwer. Die eigene Wohnung wird noch umgebaut, das dauert ärgerlicherweise. Die Familiengeschichte und Einmischungen in die Beziehungen untereinander nehmen viel Raum ein in diesem Buch.

Zusätzlich gibt es auch noch einen Kriminalfall: Der Bürgermeister des Nachbarortes ist verschwunden und wird kurz darauf tot in seinem Auto aufgefunden, er ist über die Klippen gestürzt. Ob es sich um einen Unfall oder einen Mord handelte, kann nicht mehr festgestellt werden, denn die Kollegen haben bereits den Abtransport der Leiche veranlasst und keine Tatortsicherung vorgenommen, Fotos gibt es auch keine. Michaelis ist misstrauisch, um so mehr als "von oben" strikte Anweisung kommt alles so auf sich beruhen zu lassen. Er hadert noch mit sich, ob er diese Anweisung tatsächlich beachten will, als es einen weiteren Toten gibt. 

Der Roman lässt sich gut lesen, angenehmer ruhiger Erzählstil,  hin und wieder lockert eine Prise Humor etwas auf. Die einzelnen Charaktere werden gut beschrieben, man kann sich alle Personen genau vorstellen. Die Familiengeschichte war mir jedoch etwas zu dominant und ausführlich. Der Kriminalfall  war nicht so gut aufgebaut und es gab einiges, was ich so nicht glauben konnte, sei es die Seilschaften und Beziehungen, die einfach Recht und Gesetz aushebeln konnten oder die Art und Weise der Ermittlungstätigkeiten. Wenn man auf kriminalistische Authentizität nicht so viel Wert legt und eine ruhige Unterhaltung ohne zu große Spannung, aber mit etwas kretischem Lokalkolorit sucht, kann man hier getrost zugreifen.