Rezension

Kruder Verschwörungsthriller

JOE 9/11 - Thomas Antonic, Janne Ratia

JOE 9/11
von Thomas Antonic Janne Ratia

Bewertet mit 2 Sternen

Das Foto eines augenscheinlichen Todessturzes wird ihm zum Verhängnis. Denn eine schemenhafte Gestalt auf den Klippen könnte beweisen, dass es Mord war. Und er muss der Sache unbedingt nachgehen, koste es, was es wolle!

 

In einem Café in Portugal entdeckt der amerikanische Fotograf Peter ein Polaroid, auf dem ein Mann ins Meer fällt. Fasziniert nimmt er es an sich und zeigt es seinem Freund Martty, der sofort Feuer und Flamme ist herauszufinden, was es damit auf sich hat. Um das Verbrechen aufzuklären, reist er nach Sagres, zum Schauplatz der Aufnahme und sieht sich schon als Held, der den Mörder überführt.
Stattdessen findet er sich bald darauf in einer Verschwörung wieder, die seine Vorstellungskraft übersteigt.
Und die auch Peter betrifft, der endlich seine Bilder im berühmten World Trade Center in New York City ausstellen darf und zwar am elften September 2001.

 

 

Ich muss zugeben, ich habe eine kleine Schwäche für Verschwörungstheorien, solange sie gut geschrieben sind und mich mitreißen können. Auf dieses Buch trifft beides eher weniger zu, obwohl die Inhaltsangabe verdammt viel versprechend klang.
Bereits mit den Figuren tat ich mir schwer. Ich habe wirklich nichts dagegen, wenn mir Protagonisten unsympathisch sind, oft macht gerade das einen Großteil ihrer Glaubwürdigkeit aus, besonders bei den vermeintlich Bösen. Aber eine gewisse Tiefe sollten sie dabei schon vorweisen können, damit sie mich von sich überzeugen. Dann bin ich auch gerne bereit, sie so richtig zu verabscheuen. Doch weder Peter noch Martty noch der ominöse Joe haben irgendetwas in mir ausgelöst, keine positive und auch keine negative Reaktion auf ihr Verhalten oder ihren Charakter. Sehr oft erschienen sie mir wie Karikaturen irgendwelcher Stereotypen, sodass mir ihr Schicksal nicht im Mindesten nahe gegangen ist. Das stellt für mich einen großen Minuspunkt für das Buch dar, da es mir dadurch gleichzeitig nicht leicht gefallen ist, mich in die Story hineinzufinden.

 

Der Schreibstil bereitete mir ähnliche Schwierigkeiten. Ich muss gestehen, es gibt wirklich Passagen in dem Roman, die mir sprachlich richtig gut gefallen haben. In diesen wurde eine gewisse Stimmung transportiert und es kam vereinzelt sogar Spannung auf. Andere Szenen wiederum wirken eher wie Versatzstücke aus einem Drehbuch, abgehackt, unpersönlich und unzusammenhängend. Man springt von einer Handlung zur nächsten, was so überhaupt keine passende Atmosphäre für einen Thriller erzeugt.
Und dabei finde ich die Idee dahinter gar nicht mal so schlecht: Die völlige neue Interpretation der Ereignisse des elfte Septembers ist mal was ganz Anderes, skurril zwar, aber im Grunde herrlich abgedreht und teilweise wirklich schön satirisch und zynisch. Allerdings ist die Umsetzung des Ganzen gar nichts für mich. Zuviel bleibt im Dunkeln, was nicht zu schlimm wäre, könnte man sich sonst in die Geschichte hineinfühlen. So kommt es einem vor wie abstrakte Kunst, die den Betrachter vollkommen außen vor lässt, eine Thematik, die auch im Text ausdiskutiert wird, wo der eigentliche Bösewicht Kommerzialisierung scharf verurteilt. Dass dieses Werk ebenfalls zum Verkauf angeboten wird, macht Joes Vorwürfe nicht unbedingt überzeugender.

 

Fazit

 

Joe 9/11 von Thomas Antonic und Janne Ratia ist ein Werk, mit dem ich mir sehr schwer getan habe. Zwar hörte sich der Plot und die Idee dahinter spannend und viel versprechend an und hatte auch trotz oder gerade wegen seiner abgedrehten Wendungen viel Potential, mich zu begeistern. Zudem haben mir kurze Abschnitte sprachlich wirklich gefallen.
Leider konnte ich den Figuren so gar nichts abgewinnen, da sie auf mich zu platt wirkten. Und der wilde Stilmix, der zu wenig enthüllt, hat mich eher gelangweilt als mich zu packen.
Wer Verschwörungstheorien abseits des Üblichen mag, sich mit karikativen Stereotypen anfreunden kann und abstrakte satirische Texte liebt, für den ist dieses Buch wohl wesentlich besser geeignet als für mich.