Rezension

Kubanische Familiengeschichte

Next Year in Havana - Chanel Cleeton

Next Year in Havana
von Chanel Cleeton

Bewertet mit 5 Sternen

In „Next Year in Havana“ erlebt der Leser eine Familiengeschichte aus der Perspektive von zwei starken Frauen. Ein Teil der Geschichte spielt zur Zeit der kubanischen Revolution und der Machtergreifung durch Fidel Castro. Elisa ist 19 und die Tochter eines Zuckerfabrikanten. Gemeinsam mit ihren drei Schwestern führt sie ein behütetes und luxuriöses Leben auf dem elterlichen Anwesen.  Ihr Vater steht Diktator Batista nahe und so gerät die gesamte Familie in Gefahr als die Revolutionäre an Einfluss gewinnen. Fast 60 Jahre danach fliegt ihre Enkelin Marisol nach Havana, um den letzten Wunsch ihrer Großmutter zu erfüllen.

Die Erzählung wechselt dabei unregelmäßig zwischen beiden Perspektiven hin und her, was auch aus Leserperspektive Sinn macht, denn Marisol erfährt auf Kuba einiges über ihre Großmutter, was sie nicht erwartet hatte. Elisas Perspektive dient somit auch immer der Detailierung dessen, was Marisol zuvor über sie in Erfahrung gebracht hat. Dieser Perspektivwechsel hat mir persönlich sehr gut gefallen und ich habe die Übergänge nicht als Bruch empfunden.

In ihrem Erzählstil sind sich beide Figuren sehr ähnlich, die Abschnitte lassen sich durch die Sprache nicht so unterscheiden, wie man es vielleicht bei zwei Ich-Erzählern erwarten würde. Auch das hat mich jedoch nicht gestört, da Marisol zum einen hauptsächlich von Elisa aufgezogen wurde, zum anderen auch immer wieder durch weitere Charaktere festgestellt wird, wie ähnlich Marisol ihrer Großmutter ist. Die sehr ähnliche Erzählweise wirkte dadurch für mich schlüssig.

Gut hat mir auch gefallen, wie beide Frauen sich im Laufe der Geschichte weiterentwickeln. Elisa ist mit ihren 19 Jahren zu Beginn noch eher naiv. Mit dem harten Leben der weniger privilegierten Bevölkerung unter Batista hat sie eigentlich keine Erfahrung. Doch die politische Stimmung ändert sich nicht nur zusehends, Elisa verliebt sich auch in einen Revolutionär. Durch die Umstände wird Elisa nicht nur sehr schnell richtig erwachsen, sie bildet auch zunehmend eigene politische und gesellschaftliche Meinungen aus, die sie sich zu Beginn gar nicht zugetraut hätte.

Marisol hingegen ist zwar bereits Anfang 30 als sie nach Havana reist. Sie beschreibt sich jedoch selbst als das Familienmitglied, das bisher seinen Platz im Leben noch nicht gefunden hat und auch daran scheitert die Erwartungen der Familie zu erfüllen. Als Journalistin behandelt sie nur die „zugänglichen“ Themen – Reisen, Kosmetik und Kleidung. Doch beim Nachspüren der Vergangenheit ihrer Großmutter erfährt sie auch immer mehr über die aktuelle politische Situation in Kuba. Schon bald muss auch sie über sich hinauswachsen.

Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen. Die Geschichte ist spannend und die beiden Frauenfiguren gefallen mir sehr gut. Auch der geschichtliche Hintergrund war gut in die Erzählung eingebunden und ich habe viel über das vergangene und heutige Kuba gelernt. Auch die Schwestern von Elisa haben wahrscheinlich noch einige spannende Aspekte zur Familiengeschichte beizutragen. Um so mehr freue ich mich bereits auf den Folgeroman.