Rezension

Kultverdächtig!

Tante Poldi und die sizilianischen Löwen
von Mario Giordano

Die gestandene Münchnerin Isolde Oberreiter oder besser gesagt, Tante Poldi, oder noch besser gesagt, Donna Poldina verlegt ihren Lebensmittelpunkt nach Sizilien, um sich dort gepflegt totzusaufen - mit Blick auf das Meer (nach vorne) und Blick auf den Ätna (nach hinten). Leider spielen das Leben und der Tod so ganz anders, als das die Tante Poldi eigentlich vorhatte, und unversehens befindet sie sich mitten drin in einer Mordermittlung, und nebenbei auch noch in einem italienischen Liebesdramolett.

So bekommen wir in dieser Geschichte einen wunderbaren Mix aus Bayern und Italien, aus Krimi und Liebesgeschichte, aus Fröhlichkeit und Schwermut, aus Lachen und Nachdenken serviert. Der Autor hat es wunderbar hinbekommen, dass eine zugegebenermaßen sehr einfach gestrickte Krimihandlung über den ganzen Roman hinweg trägt, ohne dass es langweilig oder vorhersehbar ist. Denn die Hauptfigur Poldi hat so viele Facetten zu bieten, dass alleine damit schon die Geschichte funktioniert. 

Wie sie ihren Neffen, der zwischenzeitlich immer wieder als Ich-Erzähler auftritt, in die schriftstellerischen Schuhe hilft, wie sie ihre Verwandtschaft beim Pilzesuchen aussticht, den Polizisten dieser Welt schöne Augen macht, hartnäckig und ohne Rücksicht auf Verluste ihre Spur verfolgt, ihr Temperament ausspielt und ihrem Schwermut nachgibt, wie die Funken sprühen wenn sie liebt und wie sich das Licht verdunkelt, wenn sie leidet, das ist großes Kino und keinesfalls so oberflächlich, wie man es aufgrund des Klappentextes und der Aufmachung vermuten würde. Ein großes Lob für diese gelungene und stimmige Charakterzeichnung! Leider gehört zu Poldis Persönlichkeit auch ein ausgeprägtes Alkoholproblem, das für meinen Geschmack manchmal ein wenig zu augenzwinkernd behandelt wird - das ist aber mein einziger Kritikpunkt an dem Roman.

Da Mario Giordano seine Geschichte in verschiedenen, unmittelbar ineinanderfließenden Erzählebenen erzählt, ist ein aufmerksames Lesen gefragt; außerdem sollte man sich auf ein wenig bayerischen Dialekt und italienische Einwürfe gefasst machen. Der griffige Sprachstil sorgt dafür, dass die Seiten nur so dahin fliegen und die bildhafte Schilderung der wunderbaren sizilianischen Landschaft sorgt dafür, dass man sich spätestens nach dem 2. Kapitel nach Urlaub und Meer sehnt. 

Ein tolles Debüt mit einer kultverdächtigen Ermittlerin, und ich hoffe, es bleibt nicht bei diesem einen Roman, sondern es folgen noch weitere Fälle mit Tante Poldi.