Rezension

Kunst im Buchformat

The Electric State - Simon Stålenhag

The Electric State
von Simon Stålenhag

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der illustrierte Roman „The Electric State verbindet postapokalyptische Science Fiction mit faszinierenden retro-futuristischen Kunstwerken. Der schwedische Künstler und Autor Simon Stålenhag ist bekannt für seine hyperrealistischen Bilder. Durch die meisterliche Symbiose aus Schrift und Kunst entsteht ein faszinierendes Leseerlebnis.

„Der Krieg war von Drohnenpiloten ausgetragen und gewonnen worden - von Männern und Frauen in Kontrollräumen fernab der Schlachtfelder, auf denen die Drohnen sieben Jahre lang in einem Strategiespiel gegeneinander antraten. (...) Alle priesen die Technik, die uns vor sinnlosem Blutvergießen bewahrte.“ Zitat aus "The Electric State" von Simon Stålenhag, Seite 3.

An diesem Punkt beginnt die Geschichte eines jungen Mädchens und ihres Roboters. Ein Roadtrip durch eine postapokalyptische Welt, zum Leben erweckt durch die beeindruckend realistischen Bilder des Autors. Simon Stålenhag entwirft die Version einer alternativen Vergangenheit, in der unsere Gesellschaft in den Abgrund gestürzt ist. Hingegen der ersten Annahme, basierend auf dem kurzen Prolog, ist die Zerstörung der Welt nicht Folge von Krieg und Gewalt. Vielmehr ist der Beinahe-Untergang der Menschheit auf den gewaltigen technischen Fortschritt zurückzuführen.

„Wann hatte es eigentlich begonnen? Ich weiß es nicht mehr. Anfangs war es eine stinknormale Freizeitbeschäftigung, glaub ich. So wie Fernsehen. Manchmal sahen sie fern und manchmal setzten sie sich die Neurohelme auf. Mir war das scheißegal. (...) Sie waren völlig weggetreten, und einmal machten wir uns einen Spaß daraus, sie zu verkleiden.“ Zitat aus "The Electric State" von Simon Stålenhag, Seite 49.

Die Zerstörung der Menschheit kam leise und schleichend. Die Folgen eines Krieges hätten kaum verheerender sein können als die virtuelle Gefahr. Simon Stålenhag zeichnet düstere Szenen, die den Leser erschüttern. Der Roman schwankt zwischen Genie und Wahnsinn. Die Geschichte ist einerseits intelligent und faszinierend, verliert sich aber streckenweise in sprunghaften Absätzen. Das Gesamtkonzept der Story ist schwer zu fassen, da der Aufbau der Geschichte nicht chronologisch angeordnet ist und einige Ereignisse sehr strange wirken. Die fotorealistischen Bilder erschaffen hingegen eine ebenso beeindruckende wie überzeugende Kulisse, wodurch Simon Stålenhag keine Angst vor dem Bruch der üblichen Normen haben muss. Vor allem da Charaktere, Handlung und Kunstwerke auf brillante Weise zusammenwirken.

Simon Stålenhag gibt dem Leser nicht einen Augenblick lang das Gefühl, einer erfundenen Geschichte zu folgen. Gebannt folgt man dem jungen Mädchen und ihrem Roboter durch die postapokalyptische Welt. Staubige Wüstenlandschaften, Skelette mit Neurohelmen, verlassene Fahrzeuge und beängstigende Relikte einer einst mächtigen technologischen Welt pflastern den Weg des ungleichen Paares. Dieses faszinierende Werk wird lediglich durch einen Wermutstropfen getrübt: Das Word-Building kann leider nicht mit dem Rest des Kunstwerkes mithalten. Abgesehen davon ist „The Electric State“ ein wahres Gesamtkunstwerk, das mit düsteren Szenen und atemberaubend realistischen Bildern überzeugt.