Rezension

Kunst und Zeitgeschichte werden nicht greifbar, Charaktere bleiben auf Distanz, die Handlung leblos - enttäuschender Auftakt einer Trilogie

Die Galerie am Potsdamer Platz - Alexandra Cedrino

Die Galerie am Potsdamer Platz
von Alexandra Cedrino

Bewertet mit 3 Sternen

Nach dem Tod ihrer Mutter begibt sich Alice im Oktober 1930 von Wien nach Berlin, um ihre Familie aufzusuchen, die sie bislang nicht kannte. Ihre Mutter Anna hatte sich nach einem Streit mit Alices Großmutter Helena von allen distanziert. Während Helena abweisend auf das plötzliche Erscheinen von Alice reagiert und sie als "Kuckuckskind" bezeichnet, wird sie von ihren beiden Onkeln Johann und Ludwig und Tante Rosa warmherziger aufgenommen. 
Alice bleibt in Berlin, verliebt sich in den Deutsch-Iren John und entdeckt ihr Talent als Fotografin. Gemeinsam mit ihren Onkeln eröffnen sie die Galerie Waldmann wieder, wobei Alice die Bilder der Kunstsammlung fotografiert und katalogisiert. 
Die Zeiten in Berlin werden rauer, SA und SS ziehen durch die Straßen und die Nationalsozialisten, die eine Gefahr für die freie Kunst sind, erstarken. Alice gerät in einen ganz persönlichen Konflikt mit dem Kunstsammler Erik Wolfferts, der ein bekennender Nationalsozialist ist und sich Alice ungehemmt nähert. 

"Die Galerie am Potsdamer Platz" ist der Auftakt der "Galeristinnen-Trilogie" um die Galerie der Familie Waldmann der Berliner Kunsthändlerszene. 
Im Verlauf des Romans spielt die Kunst und die titelgebende Galerie nur eine untergeordnete Rolle und auch der Konflikt zwischen Großmutter Helena und ihrer Tochter Anna, der zu einer andauernden Entzweiung der Familie geführt hat, bleibt nur an der Oberfläche. Der Grund dafür ist jedoch weitaus weniger spektakulär als die tatsächliche Offenbarung des Familiengeheimnisses. 
Die Charaktere bleiben auf Distanz, ihre Motive und ihre Empfindungen nicht greifbar und auch die turbulente politische Situation in Berlin wird wenig anschaulich dargestellt. Die schillernde Kunstszene, das historische Flair Berlins und die zunehmende Bedrohung durch die Nationalsozialisten werden allenfalls angerissen, aber nicht weiter vertieft. 
Nach dem Kennenlernen von John und der anfänglichen Verliebtheit vermisste ich einen roten Faden in der Handlung, die mich weder packen noch emotional bewegen konnte. 
Nach einem guten Start und viel Potenzial für eine mitreißende Geschichte, wirkte der Roman über weite Strecken langweilig und leblos, verlor sich in Allgemeinplätzen und der andauernden Beschreibung von Whiskey-Trinken oder dem Rauchen von Zigarren und Zigaretten. Damit konnte mich "Die Galerie am Potsdamer Platz" nicht neugierig auf die folgenden beiden Bände der "Galeristinnen-Trilogie" machen.