Rezension

Kurzweilig und interessant.

Ketzerschwestern - Arnulf Zitelmann

Ketzerschwestern
von Arnulf Zitelmann

Bewertet mit 3 Sternen

Als ich das Buch “Ketzerschwestern” von Arnulf Zitelmann zum ersten Mal in der Hand hielt, konnte ich nicht damit aufhören ganz andächtig über den Umschlag zu streicheln. An den Rändern befinden sich wunderschöne ins Papier gestanzte Ornamente, die golden leuchten und das restliche Papier ist ganz weich. Die Farbkombination dunkelgrün-gold lässt das Buch richtig edel erscheinen.

Wenn man das Werk dann aufschlägt, findet man eine Doppelseite vor, die wie ein mit Kalligraphie beschriebenes Pergament aussieht – mit den Worten des ketzerischen Büchleins, das Ina in der Geschichte abschreibt. Das Gleiche befindet sich übrigens noch einmal auf den beiden letzten Buchseiten und auch die restliche Aufmachung ist wunderschön. Der Anfang jedes neuen Kapitels ist mit jener Borte vom Buchcover verziert und der erste Kapitelbuchstabe sowie die Seitenzahlen sind ebenfalls in kalligraphischer Schrift gehalten.

Nun aber zum Inhalt. Arnulf Zitelmanns andersartiger Schreibstil wird einem sicher gleich ins Auge stechen. Er lässt Kathie aus ihrer Sicht erzählen, als würde alles gerade in diesem Moment geschehen. Die Wortwahl und der Satzbau sind oft etwas seltsam, was aber verdeutlicht, dass wir uns nicht in unserer Zeit, sondern im 13. Jahrhundert befinden. Man kann sich dadurch sehr gut in der mittelalterlichen Atmosphäre einfinden.

Die Geschichte an sich verläuft in den ersten beiden Dritteln ohne Höhepunkt und ziemlich ruhig. Kathie denkt viel über ihren Garten nach und man lernt so einiges über den Anbau ihrer Pflanzen und über die Bauernregeln, die meist mit dem Wetter oder besonderen Tagen im Jahr zusammenhängen. An zweiter Stelle steht das Schwesternhaus über das Leben dort. Man bekommt einen guten Einblick über die damalige Herrschaft der Kirche und den christlichen Glauben zu dieser Zeit.

Aber obwohl es so ruhig zugeht, ist es doch eher eine bedrohliche Stille, wie die Ruhe vor dem Sturm. Ina schreibt heimlich dieses ketzerische Buch ab, trifft sich mit Leuten, die Kathie nicht kennt und erscheint ihrer Schwester somit immer fremder. Ihre Gedanken über den Glauben unterscheiden sich immer mehr und dann gesteht Ina auch noch, schwanger zu sein. Von all dem dürfen die restlichen Schwestern aber nichts wissen.

Im letzten Drittel nimmt die Geschichte plötzlich eine ganz andere Form an. Es passiert etwas gravierendes und Kathie verlässt die Schwesternschaft. Ihr weiterer Weg wird meiner Meinung nach zu oberflächlich erzählt, zumindest im Vergleich zum vorangegangenen Text. Es wirkt ein bisschen so, als wäre die Seitenanzahl festgelegt gewesen, so dass der Autor nicht mehr schreiben konnte oder als hätte ihn jemand zum Essen gerufen und er deshalb schnell fertig werden wollte.

Nach der Geschichte folgt ein Nachwort des Autors über die Beginen- und Schwesternhäuser im Hochmittelalter und über die Gedankenwelt der “Brüder und Schwestern im Geiste”, beides sehr interessant zu lesen. Daran hängt sich ein Auszug aus Albertus Magnus’ “Conpilatio de novo spiritu” – den Sätzen der Brüder und Schwestern vom freien Geist, dem Inas geheimes Büchlein nachempfunden ist und in dem Sätze wie “Eine Frau kann Gott sein” oder “Die Seele ist weseneins mit Gott” stehen – sehr moderne Gedanken für die damalige Zeit.

Zu guter Letzt folgt noch ein Glossar in dem einige lateinische/religiöse Ausdrücke, mittelalterliche Worte, Namen von Personen, die wirklich gelebt haben und Namenstagen des christlichen Glaubens erklärt werden.

Für Leser, die sich für das Mittelalter und Religion interessieren, ist dieses Buch wirklich lesenswert und sehr interessant. Wohingegen Leser, die eigentlich nur auf eine spannende Geschichte aus sind, lieber die Finger von “Ketzerschwestern” lassen sollten.