Rezension

Kurzweilige Blutvergiftung

Wir von der anderen Seite - Anika Decker

Wir von der anderen Seite
von Anika Decker

Bewertet mit 2.5 Sternen

Als ich in der Verlagsvorschau vom Ullstein Verlag auf „Wir von der anderen Seite“ von Anika Decker aufmerksam wurde, fühlte ich mich gleich angesprochen und mochte auch die Leseprobe. Die Autorin, die 1975 in Marburg geboren wurde und als Drehbuchautorin (u. a. Keinohrhasen) und Regisseurin in Berlin lebt, beschreibt dieses Buch als das Buch, das sie seit zehn Jahren schreiben wollte. Es geht um eine 35-jährige Frau, die plötzlich schwer krank wird und deren Leben und Denken sich von einem auf den anderen Tag verändert. Aber es geht auch um die Einsamkeit, die Absurditäten des Krankenhausalltags, die Geldsorgen und die Angst davor, nie wieder auf die Beine zu kommen.

Anika Decker lag selbst etliche Monate aufgrund einer schweren Blutvergiftung in verschiedenen Krankenhäusern und hat viele ihrer eigenen Erfahrungen in diesem autobiografischen Roman verarbeitet. Sie sagt von sich, dass sie damals gern einen Roman gelesen hätte, der ihr das Gefühl gibt nicht allein zu sein oder dass Ärzte nicht immer recht haben. Mit „Wir von der anderen Seite“ hat sie dieses Buch schreiben wollen und mit der ihr eigenen Prise Humor gewürzt.

Man spürt beim Lesen, dass Anika Decker weiß, worüber sie schreibt und erkennt Kuriositäten aus dem Krankenleben beziehungsweise aus dem Erleben mit Erkrankten wieder. Der Schreibstil ist kurzweilig und leicht, wie auch der überwiegende Teil des Buches trotz der eigentlich eher ernsten Thematik. Etwas ungewohnt finde ich beim Lesen, dass nach beinahe jedem Satz ein Absatz folgt, gleichzeitig lässt einen das jedoch beinahe durch das Buch fliegen. Ich fühlte mich tatsächlich auch ein wenig an den Schreibstil der bisher von mir gelesenen Drehbücher, vor allem aber auch an die Filme erinnert, für die die Autorin bisher sehr erfolgreich Drehbücher schrieb. Als Rahel in der Ich-Perspektive nimmt sie den Leser auch in diese Welt mit. Manches ist mir jedoch auch hier zu viel, wirkt zu sehr inszeniert und hangelt sich zu sehr an Klischees entlang, um den wohl gewünschten Lacher zu erzwingen. Über anderes kann ich hingegen tatsächlich amüsiert lächeln.

Besser gefallen hat es mir jedoch, wenn die Autorin Situationen und Gefühle schildert durch die sie Rahel zu einer Protagonistin werden lässt, mit der sich mitfühlen lässt und der man beim lesen tatsächlich eine gute Besserung wünscht. Dennoch ist der Gesamteindruck des Buches eher oberflächlich und lässt den Tiefgang vermissen, den Anika Decker zwar andeutet, sich jedoch nicht darauf einlässt. Denn ihren Fokus legt sie darauf, eine in erster Linie lustige Geschichte erzählen zu wollen, was als solches ja auch durchaus legitim ist, mich aber leider letztlich doch enttäuscht hat, da die Leseprobe bei mir andere Erwartungen geweckt hat.