Rezension

Kurzweilige und spannende Rückkehr ins Potter-Universum

Harry Potter and the Cursed Child. Pts. 1 + 2
von Joanne K. Rowling Jack Thorne John Tiffany

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein Wiedersehen mit alten Bekannten, viel Magie, Böses aus unverhoffter Richtung und sensible zwischenmenschliche Studien. Der 'neue Potter' hat alles, was die alten Bücher (insbes. ab Band 4) auch hatten. Neu ist die Art der Darbietung - das Probenskript zu der Theateraufführung im Londonder West End lebt naturgemäß hauptsächlich durch Dialoge. Dadurch hat die Story ein rasantes Tempo und der Leser fliegt durch's Buch wie auf einem Feuerblitz.

Man kann diesen Potter nicht unabhängig von den anderen beurteilen, denn ohne sie hätte man für dieses Buch keinerlei Hintergrundwissen. Wobei in den früheren Büchern immer noch mal kurze Zusammenfassungen von bereits Geschehenem oder Erklärungen zu den agierenden Personen zu finden sind, fehlt so etwas hier komplett und der Leser/Zuschauer weiß entweder, wer Voldemort ist und in welchem Verhältnis Harry und Draco stehen oder er bleibt ein Unwissender bzgl. der Vergangenheit der Personen. Es ist zwar davon auszugehen, dass nur wenige mit dem Potter-Universum nicht vertraut sind, aber gerade typische Theatergänger der vielleicht auch älteren Generation dürften doch zum Teil überwältigt von der schieren Fülle an Stoff gewesen sein. Nicht zu Unrecht hat daher wohl auch der Guardian vermutet, dass das Theater auch den Potter-Büchern neue Leser bringen wird, nicht nur umgekehrt. Und das zu Recht.

Das Stück ist ein wahrer Potter bzw. hätte gut einer werden können. Die Story ist spannend wie die letzten Bücher der Reihe, es wimmelt vor bekannten Personen und die neu Hinzugekommenen sind großartig ausgestaltet und bereichern die uns bekannte Potter-Welt. Dazu ist überraschend viel Magie im Spiel, vor dem Hintergrund, dass es sich um ein Theaterstück handelt, das von Muggeln aufgeführt wird. Ich habe die Vorstellung leider (noch?) nicht gesehen, doch die Kritiken lesen sich, als wäre das ganz gut umgesetzt worden. Dadurch, dass auch 'Regieanweisungen' zu durch den Saal hallenden Stimmen oder dem Geraschel von schwarzen Roben im Skript enthalten sind, wird man als Leser ein wenig in die Rolle des Publikums versetzt und das macht für die Stimmung des Buches und das Mitfiebern mit den Akteueren ungemein viel aus. Das und die 'Kürze' des Skripts (alles ist relativ, eine Vorstellung dauert etwa 5 Stunden) machen diesen Potter neben der spannenden Handlung und den liebenswerten neuen Charakteren zu einem wahren Lesevergnügen, zumindest als Buch. Man kann ihn locker an einem Tag schaffen und hat trotzdem das Gefühl, eine ungemein umfassende Geschichte miterlebt zu haben. (Ja eher miterlebt als gelesen!) 

An der Story könnte man kritisieren, dass das mit den Zeitreisen ein bisschen diskussionsbedürftig ist, aber das sind Zeitreisen ja immer. Auch gibt es noch so ein, zwei andere Kleinigkeiten, die meiner Meinung nach nicht ganz stimmig sind, das kann aber durch die knappe Erzählweise entschuldigt werden.

Die neuen Charakterer - Albus, Scorpius und Delphi/Augurey - sind wahnsinnig toll durchdacht und ich kann mich nicht entscheiden, welchen ich am besten finde. Sie sind alle großartig und machen diesen Potter zu einem Werk, das wirklich seine Eigenständigkeit verdient. Wer es noch nicht getan hat, sollte diesen Potter unbedingt in seine Sammlung aufnehmen. Es lohnt sich und macht das vielen damals zu kitschig erscheinende Ende des 7. Bandes mehr als wett!