Rezension

...kurzweiliger Krimi mit "Monk"-Manie!

Eine Leiche riskiert Kopf und Kragen
von Jeff Cohen

Samuel Hoenig ist der felsenfesten Überzeugung, dass die Menschheit nur auf seine neugegründete Agentur „Fragen Beantworten“ gewartet hat. Schließlich hat jeder Mensch hin und wieder eine Frage, die es effizient und logisch zu beantworten gilt, und darin ist Samuel ein wahrer Meister. In vielen anderen Bereichen des täglichen Lebens ist er eher überfordert und neigt zu Fehleinschätzungen. Als Asperger-Autist liegen seine Kernkompetenzen eben nicht im zwischenmenschlichen Bereich. Da kommt ihm die Unterstützung von Janet Washburn gerade recht, die der Zufall in sein Büro geweht zu haben scheint, und die er kurzerhand als seine Partnerin/Assistentin rekrutiert. Aber auf die Verlässlichkeit vom „Zufall“ verlässt sich Samuel nicht, besonders nicht beim Beantworten der Frage „Wo ist der Kopf von Mrs. Masters-Powell?“, die Dr. Marschall Ackerman ihm stellt. Als Direktor eines Instituts, das sich mit Kryonik beschäftigt, war ihm bedauerlicherweise der tiefgefrorene Kopf eines „Gastes“ abhanden gekommen. Bei einem Ortstermin stolpern Samuel und Janet zudem über die Leiche einer beim Institut angestellten Ärztin und finden sich unversehens zwischen einem inkompetenten Detective, dem ruppigen Sicherheits-Chef, der neugierigen Science-Bloggerin und den aufgebrachten Familienangehörigen von Mrs. Masters-Powell wieder. Da heißt es umso mehr, einen kühlen Kopf zu bewahren, um nicht ebendiesen zu verlieren…!

„Spezielle“ Ermittler scheinen seit einiger Zeit sehr „en Vogue“: So flimmerte ab 2002 Tony Shalhoub als neurotischer Adrian Monk über unsere Bildschirme, und auch der deutsche Autor Gil Ribeiro (alias Holger Karsten Schmidt) schickte 2017 mit Lost in Fuseta einen Ermittler mit Asperger-Syndrom ins literarische Rennen.

Bei allen genannten Darstellungen wird der Betroffene nie als Witzfigur oder Freak bloßgestellt, und auch zum Mitleid besteht hier keinen Grund. Gerade diese Andersartigkeit, die oftmals gepaart ist mit einem extrem logischen Geist, macht diesen Ermittler-Typ so einzigartig und vielschichtig.

Ebendies ist Autor Jeff Cohen auch mit der Figur des Samuel Hoenig gelungen. Dadurch, dass er sich nicht von menschlichen Empfindungen, verbalen Floskeln und gesellschaftlichen Konventionen ablenken lässt, arbeitet er äußerst effizient. Damit er nicht in peinliche Fallen tappt, die das zwischenmenschliche Miteinander so mit sich bringen, etabliert Cohen mit der empathischen Janet Washburn eine Figur, die einerseits als attraktiver Sidekick für Hoenig fungiert, andererseits mit einer eigenen Geschichte, die sicherlich Potenzial für weitere (auch zwischenmenschliche) Verwicklungen in sich birgt, ausgestattet wurde.

Seine Erfahrungen als Drehbuchautor kommen auch diesem Krimi zugute: Die Handlung gewinnt mehr und mehr an Fahrt, Verwicklungen nehmen zu, und jede/r erscheint irgendwie verdächtig. Zudem spielt Cohen unterhaltsam mit Klischees, die wir aus bekannten TV-Serien kennen und lieben. Zudem gelingt ihm das Kunststück, den „Behinderten“ zwischen all den „Nichtbehinderten“ mit ihren Allüren, Ängsten und Geheimnissen erfreulich „normal“ erscheinen zu lassen und gönnt dieser Figur den nötigen Raum zur Entwicklung.

Alles in allem ist dem Autor ein witziger und kurzweiliger Krimi für entspannte Lesestunden geglückt: Manchmal braucht es aber auch nicht mehr!