Rezension

La pharmacie littéraire - Die Literarische Apotheke

Das Lavendelzimmer - Nina George

Das Lavendelzimmer
von Nina George

Bewertet mit 4 Sternen

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Rückentext
Er weiß genau, welches Buch welche Krankheit der Seele lindert: der Buchhändler Jean Perdu verkauft auf seinem Bücherschiff „pharmacie littéraire“ Romane wie Medizin fürs Leben. Nur sich selbst weiß er nicht zu heilen, seit jener Nacht vor einundzwanzig Jahren, als die schöne Provenzalin Manon ging, während er schlief. Sie ließ nichts zurück außer einem Brief – den Perdu nie zu lesen wagte. Bis zu diesem Sommer. Dem Sommer, der alle verändert und Monsieur Perdu aus der kleinen Rue Montagnard auf eine Reise der Erinnerung führt, in das Herz der Provence und zurück ins Leben.

 

„Erinnerungen sind wie Wölfe. Du kannst sie nicht wegsperren und hoffen, dass sie dich ignorieren.“ (Seite 15)

Perdu lebt seit einundzwanzig Jahren in seinen Erinnerungen. Nie wird er den Tag vergessen an dem Manon ihn verließ und für ihn eine Welt zusammen bricht. Fortan lebt er nur noch für seine Bücher auf dem Bücherschiff „La pharmacie littéraire“ – die Literarische Apotheke. Er kann jedem Kunden für sein „Leiden“ das passende Buch empfehlen. Eines Tages jedoch zieht eine Frau in die Nachbarwohnung. Perdu ist von ihr fasziniert, hat sie doch Augen wie Manon. Anna hat sich gerade von ihrem Mann getrennt und ist völlig verzweifelt ähnlich wie Perdu nach Manons Verschwinden.

„Ich musste sanft mit ihr sprechen. Sie hat so viel geweint, dass sie wahrscheinlich ausgetrocknet ist und zerfällt, wenn ich zu laut bin.“ (Seite 19)

Alte Wunden brechen bei Perdu wieder auf und jetzt endlich schafft er es den Brief zu lesen, den Manon ihm vor einundzwanzig Jahren hinterlassen hat. Sofort macht er sich auf den Weg in die Provence um Manon zu suchen. Es beginnt eine abenteuerliche Reise mit dem Bücherschiff, auf der Perdu allerdings nicht alleine ist.

„Nächte und Tage und Länder und Meere. Tausende von Leben kamen und gingen, und du wartest auf mich.
In einem Zimmer, irgendwo, nebenan.
Wissend bist du und liebend.
In meinen Gedanken liebst du mich immer noch.
Du bist die Angst, die in mir Stein schneidet.
Du bist das Leben, das in mir auf mich hofft.
Du bist der Tod, den ich fürchte.
Du bist mir geschehen, und ich habe dir meine Worte vorenthalten.
Meine Trauer. Meine Erinnerung.
Deinen Platz in mir und all unserer Zeit.
Ich habe unseren Stern verloren.
Verzeihst Du mir?
Manon?“ (Seite 205)

Dieses wundervolle Buch beginnt mit einer Widmung der Autorin an ihren verstorbenen Vater. Wenn man diese Widmung liest, ahnt man schon mit wieviel Liebe und Gefühl Nina George diesen Roman geschrieben hat. Mir haben diese wundervollen Beschreibungen der Landschaft so sehr gefallen. Perdus Zerrissenheit und Sehnsucht nach der verlorenen Liebe, seine Hoffnung auf Wiedersehen und Verstehen … einfach wundervoll und berührend.

„Lesen: eine Reise ohne Ende. Eine lange, ja ewige Reise, auf der man milder und liebender und menschenfreundlicher wurde.“ (Seite 145)

Es gibt so viele berührende Stellen im Buch, dass ich Angst hatte eine zu überlesen. Ich habe viele mit Bleistift markiert. Was mir auch besonders gut gefallen hat, war im Anhang befindliche Literarische Apotheke, in der es Buchempfehlungen für diverse Erkrankungen gibt. Manche der Bücher werde ich bestimmt bei Bedarf gut dosiert lesen.

„Perdu wollte, dass sich Anna wie in einem Nest fühlte. Dass sie sich der Unendlichkeit bewusst wurde, die Bücher boten. Es würden immer genug da sein. Sie würden nie aufhören, einen Leser, eine Leserin zu lieben. Sie waren das Verlässliche in allem, was unberechenbar war. Im Leben. In der Liebe. Nach dem Tod.“ (Seite 47)

Mehr muss man doch dazu nicht sagen … oder?