Rezension

Lädt zum Grinsen, Lachen und Schwärmen ein. ♥

Royal Blue - Casey McQuiston

Royal Blue
von Casey McQuiston

Bewertet mit 5 Sternen

„Royal Blue“ ist eines dieser Bücher, bei denen ich nach dem Lesen irgendwie total aufgedreht war. Das liegt wohl hauptsächlich an dem hohen Zuckeranteil des Buches, der die meiste Zeit beim Lesen pure Glücksgefühle ausgelöst hat. Das Buch ist aber noch viel mehr als die wirklich schön geschriebene Liebesgeschichte zwischen dem Präsidentinnensohn Alex und dem britischen Prinzen Henry. Es vermittelt auch Hoffnung und Optimismus für die Zukunft.

Das erste, was mich für das Buch eingenommen hat, war der Humor, der durchgehend vorhanden ist und mich nicht selten breit zum Grinsen, ja, manchmal sogar laut zum Lachen gebracht hat. Auf der einen Seite können Alex und Henry ganz schön albern sein, auf der anderen witzeln sie clever herum und nehmen beispielsweise Rollenklischees aufs Korn. Um welche Art es sich auch immer gerade handelte, ich hatte mit ihren Frotzeleien und amüsanten Schlagabtäuschen die ganze Zeit meinen Spaß. 

»Achtung: Mein Abendanzug ist aus weinrotem Samt, bitte versuch nicht, mir die Show zu stehlen. Du wirst scheitern und ich werde mich fremdschämen.« (S. 111)

Das ist auch einer der Gründe, warum mich die Liebesgeschichte selbst so begeistert hat. Am Anfang können sich Alex und Henry überhaupt nicht ausstehen – oder sagen wir: Alex kann Henry nicht ausstehen, weil der sich bei ihrem Treffen arrogant und unverschämt verhalten hat. Von da an betrachtet Alex ihn als Kontrahenten und lässt Henry das nur allzu deutlich spüren. Als es in England auf der königlichen Hochzeit von Henrys Bruder zu einem Zwischenfall kommt und die Medien darüber berichten, müssen die beiden schnell Schadensbegrenzung betreiben und vortäuschen, dass sie schon seit Jahren eine enge Freundschaft verbindet. Beide sind nicht allzu begeistert davon, aber mit der Zeit muss Alex feststellen, dass er Henry völlig falsch eingeschätzt hat und er nicht nur gern mit ihm herumfrotzelt, sondern sich auch über ernste Themen gut mit ihm unterhalten kann.

Diese Neckereien zwischen Alex und Henry sind einfach göttlich, sie machen die Geschichte so unglaublich unterhaltsam. Von der ersten neckenden Bemerkung an habe ich mit den beiden mitgefiebert und jede einzelne Unterhaltung, SMS oder E-Mail genossen. Mit der Zeit verändert sich der Ton der Nachrichten, bleibt immer noch neckend, wird aber auch ernster, süßer, Herzklopfen bescherender. Manches ist vielleicht sogar gefährlich nah an der Kitschmarke, aber ich fand es trotzdem zu keinem Zeitpunkt zu viel. Es war einfach schön, welche manchmal sogar sehr poetischen Worte die beiden füreinander gefunden haben. 

Sie sind beide auch einfach Sympathieträger. Auf der einen Seite haben wir Alex, aus dessen Sicht wir lesen und der sehr direkt, charmant, selbstbewusst und vor allem ehrgeizig ist. Er will der jüngste Abgeordnete der USA werden, engagiert sich im Wahlkampf seiner Mutter und hängt sich vollkommen in sein Studium rein. Vor allem aber möchte er etwas bewirken. Ich mochte Alex auf Anhieb, sein liebevoll-neckender Umgang mit seiner Schwester und seiner besten Freundin, in dessen Genuss dann auch Henry kommt, und seine lebensfrohe und lockere, aber trotzdem verantwortungsvolle Art haben mich sofort für ihn eingenommen. 

Henry gibt sich im Gegensatz zu Alex eher unnahbar, gleichzeitig aber stets respektvoll und höflich, wie es von ihm als Thronerben erwartet wird. Es ist nur zu gut nachvollziehbar, warum Alex Henry völlig falsch einschätzt, denn den wahren Henry bekommen nur wenige Menschen zu sehen und Alex muss erst ein bisschen Alex sein (der weniger feindselige Alex, den Henry bisher kennengelernt hat), damit er auch zu dieser Gruppe gehört. Wie zu erwarten schlummert hinter Henrys beherrschter Fassade nämlich mehr, unter anderem auch Unsicherheit.

Die beiden sind eigentlich sehr unterschiedlich, in bestimmten Dingen dann aber doch überraschend ähnlich. Mir haben nicht nur die Momente gefallen, in denen sie ganz auf einer Wellenlänge sind, sondern auch die Harmonie ihrer Gegensätze. Während es Alex lockere, charmante Art ist, die Henrys lockere, herumwitzelnde Seite zum Vorschein bringt, trägt Henry dazu bei, dass Alex etwas Wichtiges über sich selbst lernt und sich mit seiner Sexualität auseinandersetzt. Wie die Autorin diesen Weg der Erkenntnis schildert und die tieferen Gefühle zwischen den zwei jungen Männern aufbaut, hat mir sehr gut gefallen. Es wird sich für die Entwicklung ihrer Beziehung Zeit gelassen, was sie glaubwürdig und nachvollziehbar macht und zum schwärmerischen Mitfiebern animiert. Auch wenn die erste Annäherung hinsichtlich der Seitenzahl schon relativ früh stattfindet, vergeht im Buch doch genug Zeit, um realistisch zu sein. Die Liebesszenen werden nicht im Detail beschrieben, das meiste wird lediglich angedeutet.

Mir hat es auch besonders gut gefallen, dass es relativ früh ein (wenn auch unvollständiges) Happy End vor dem endgültigen Happy End gibt, bei dem andere Bücher (unerfreulicherweise) enden würden, hier jedoch die Konflikte erst richtig losgehen. Man wird als Leser nicht um eine Lösung betrogen, die Autorin macht es sich nicht leicht, indem sie nur andeutet, dass die beiden in der Zukunft schon eine Lösung dafür finden werden, wie sie ihre Beziehung mit ihren politischen Positionen und Pflichten vereinbaren können. Der Leser darf aktiv daran teilhaben, wie die beiden ein kleines Stück Geschichte schreiben. 

Aufgrund dessen bin ich nicht bloß dauernd am Grinsen gewesen, ich war an manchen Stellen auch sehr berührt und ergriffen. Alex und Henrys Geschichte ist nicht nur amüsant, sondern auch inspirierend, optimistisch und voller Toleranz und Hoffnung. Sie deutet Veränderungen in unserer Gesellschaft an und lässt sie gar nicht so unmöglich erscheinen. Dazu tragen auch die vielfältig gestalteten Charaktere bei wie die offen bisexuelle beste Freundin, die transsexuelle Leibwächterin, der offen schwule Senator oder der zweite Ehemann der Präsidentin, der selbstironisch von seinen Pflichten als First Gentleman spricht, die darin bestünden, an der Tischdeko zu arbeiten und sich hübsch zu machen. Mit Geschlechterrollen bzw. Rollenklischees wird also, wie schon erwähnt, ebenfalls gespielt. 

Das Einzige, was mich die ersten 200 Seiten etwas geschlaucht hat, waren die vielen Details zum amerikanischen Wahlkampf, für den sich Alex so engagiert. Mit manchem konnte ich nur wenig anfangen und ich habe mich mehr als einmal dabei ertappt, wie ich beim Lesen unkonzentriert wurde und manches überfliegen wollte. Das wurde mit der Zeit aber definitiv besser und ab der Hälfte etwa fand ich das Buch durchgehend fesselnd. Es gibt Spannung und große Emotionen und das Buch habe ich – wie schon angedeutet – aufgedreht und rundum glücklich beendet. Ich hoffe auf weitere Bücher von der Autorin.

Fazit

Eine süße, zum Schwärmen animierende Liebesgeschichte, eingebettet in den amerikanischen Wahlkampf, die voller Romantik, Hoffnung und Optimismus ist. Das Buch lässt mich glücklich zurück und wird von mir sicher nochmal gelesen, ich hoffe aber trotzdem auf weitere Bücher der Autorin – ich liebe ihren Humor. 5 Sterne gibt es von mir!