Rezension

Lässt mich extrem zwiegespalten zurück...

Girl on the Train - Du kennst sie nicht, aber sie kennt dich.
von Paula Hawkins

Bewertet mit 2.5 Sternen

Jeden Morgen pendelt Rachel mit dem Zug in die Stadt, und jeden Morgen hält der Zug an der gleichen Stelle auf der Strecke an. Rachel blickt in die Gärten der umliegenden Häuser, beobachtet ihre Bewohner. Oft sieht sie ein junges Paar: Jess und Jason nennt Rachel die beiden. Sie führen – wie es scheint – ein perfektes Leben. Ein Leben, wie Rachel es sich wünscht. Eines Tages beobachtet sie etwas Schockierendes. Kurz darauf liest sie in der Zeitung vom Verschwinden einer Frau – daneben ein Foto von »Jess«. Rachel meldet ihre Beobachtung der Polizei und verstrickt sich damit unentrinnbar in die folgenden Ereignisse... 

Meine Meinung

Obwohl sich um „Girl on the train“ im Moment ein großer Hype beobachten lässt und es von allen Seiten nur Lob hagelt, war ich zunächst etwas skeptisch ob ich dieses Buch lesen möchte. Meine Zweifel diesbezüglich konnten jedoch schnell durch den spannenden Klappentext ausgeräumt werden. Nach Beenden des Buches sieht meine Meinung allerdings wieder etwas anders aus, da mich das Gelesene mit gemischten Gefühlen zurückgelassen hat. Die Geschichte ist zwar nicht schlecht, aber richtig begeistern konnte sie mich leider auch nicht.

Der Anfang und die erste Hälfte werden zum Großteil aus der Sicht von Rachel erzählt, die sich seit der Trennung von ihrem Mann Tom hängen lässt und ihren Kummer mit Alkohol ertränkt. Aufgrund des Trinkens hat sie bereits auch ihren Job verloren, was sie noch weiter herunterzieht. Um jedoch den Schein wenigstens vor ihrer Freundin und Mitbewohnerin Cathy aufrecht zu erhalten, fährt Rachel weiterhin jeden Tag mit dem Zug nach London. Dabei kommt sie immer an dem Haus von Megan und Scott vorbei, die für sie mit der Zeit zum Sinnbild einer perfekten Ehe werden. Diese Illusion zerplatzt allerdings wie eine Seifenblase, als sie eines Tages sieht, wie Megan einen anderen Mann küsst. Danach ist Rachel am Boden zerstört…

Obwohl Rachel an sich eine sehr interessante Persönlichkeit ist und man sie nicht auf den ersten Moment durchschaut, hat mich die depressive Stimmung extrem heruntergezogen, weshalb ich nur schleppend voran gekommen bin. Ich konnte Rachels Traurigkeit und die damit einhergehende Antriebslosigkeit zwar in gewisser Weise verstehen, vor allem als ich im weiteren Verlauf mehr und mehr von ihrer Vergangenheit erfahren habe und mir quasi die Gründe dafür, warum sie sich so verändert hat, aufgezeigt wurde, doch auf der anderen Seite fand ich ihr ständiges Gejammer ab einem gewissen Punkt nur noch anstrengend. Da suhlt sich eine erwachsene Frau lieber weiterhin in Selbstmitleid und malt sich für ein fremdes Pärchen, auf das sie immer nur kurz einen Blick erhascht, ein perfektes Eheleben aus, als sich endlich einmal zusammenzureißen und ihr Leben in den Griff zu bekommen. Sie hätte jederzeit etwas an ihrer Situation verändern können, wenn sie es nur ernsthaft versucht hätte.

Neben Rachel fungieren auch Toms neue Ehefrau Anna und die verschwundene Megan als Erzählerinnen. Alle drei Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, was sich vor allem darin zeigt, dass wir viel über ihr jeweiliges Leben, ihre Gedanken, Gefühle und Probleme erfahren. Dabei wird nichts zu überzogen dargestellt! Rachel, Anna und Megan sind ganz normale Menschen mit Ecken und Kanten, was sie einerseits authentisch gemacht hat, andererseits haben die negativen Eigenschaften insbesondere bei Megan dafür gesorgt, dass sie mir total unsympathisch geworden ist. Anna und Rachel waren mir auch nicht viel sympathischer...Darüber hinaus konnte ich das Verhalten der drei stellenweise überhaupt nicht nachvollziehen, wie z.B. dass sie ihr eigenes Glück von einem Mann abhängig machen. Mehr als einmal habe ich mich gefragt, wo eigentlich ihre Probleme liegen.

Zum Glück bekommt die Geschichte nach dem Verschwinden von Megan noch einmal die Kurve. Zwar sind weiterhin etwas zähe und langweilige Abschnitte dabei, aber im Großen und Ganzen wurde die Suche nach Megan echt spannend. Denn natürlich ist man super neugierig, was mit ihr passiert ist. Gleichzeitig habe ich mich gefragt, was Rachel damit zu tun hat. Immerhin war sie an dem Tag, an dem Megan spurlos verschwunden ist, in ihrer Straße. Leider kann sie sich lange Zeit an keine Details erinnern, da sie damals total betrunken war.

Der weitere Handlungsverlauf gestaltet sich nicht vorhersehbar, sodass das eine oder andere Ereignis wirklich eine Überraschung war. Zu dem lässt uns Paula Hawkins fast bis zum Schluss über den Täter spekulieren und rätseln. Der Showdown, der mich am Ende erwartet hat, war jedoch unglaublich fesselnd und nervenaufreibend. 

Mein Fazit

„Girl on the train“ von Paula Hawkins ist wieder einmal eines dieser Bücher, das mich extrem zwiegespalten zurücklässt. Während sich der Anfang etwas gezogen hat und mit einer geradezu depressiven Grundstimmung versehen war, konnte mich der weitere Handlungsverlauf von sich überzeugen. Zu keinem Zeitpunkt waren die Ereignisse vorhersehbar, sodass mich die meisten Wendungen vollkommen überrascht getroffen haben. Wären mir nicht alle Charaktere so unsympathisch gewesen, hätte ich sicher eine bessere Bewertung abgegeben.