Rezension

Landow ermittelt im Dreikaiserjahr

Eisenblut - Axel Simon

Eisenblut
von Axel Simon

Bewertet mit 4 Sternen

Berlin im Dreikaiserjahr 1888. Gabriel „Gabi“ Landow, schmuddeliger Säufer, unehrenhaft aus der Armee entlassen, mit seiner adligen Familie überworfen, versucht sich mehr schlecht als recht als Privatschnüffler über Wasser zu halten. Ohne Wohnung, lediglich ein Bett in der Schlafpension eines zwielichtigen Kriegskameraden, dessen zweites Standbein die Zuhälterei ist. Aufträge sind rar, und wenn jemand seine Hilfe benötigt, sind es meist Ehefrauen, die ihre untreuen Männer beschatten lassen. Aber die Geschäfte laufen schlecht, und dann fällt ihm auch noch Gürtler, sein letzter Observierter buchstäblich vor die Füße. In der Nacht aus dem Korb eines Militärballons gestoßen, mit einem Märchenbuch in der Hand.

Auf dem Heimweg wird Landow überfallen und ins Innenministerium gebracht, wo man ihm einen lukrativen Auftrag in Aussicht stellt. Allerdings nur dann, wenn er unter dem Radar ermittelt. Es geht um ein geheimes Rüstungsprojekt der Marine, die Entwicklung eines U-Boots. an dem Gürtler gearbeitet hat. Und mit ihm noch zwei weitere Beamte, die ebenfalls ermordet und mit besagtem Buch in der Hand aufgefunden wurden. Eher zögerlich nimmt Landow die Ermittlungen auf, unterstützt von Orsini, einem Taschendieb, mit dem er sich zusammenschließt. Aber er hat ein äußerst ungutes Gefühl bei der Sache, denn warum soll ausgerechnet er diese Mordfälle aufklären?

Es ist eine interessante Zeit der deutschen Geschichte, die den Hintergrund für diesen historischen Kriminalroman bildet. Eine Zeit des Umbruchs, vor allem im Hinblick auf die politische Situation. Das Land wartet auf den Tod des Regenten, der Nachfolger Wilhelm II., verheiratet mit einer Tochter Queen Victorias, sitzt schon in den Startlöchern. Reichskanzler Bismarck reibt sich die Hände und sieht den eigenen Einfluss wachsen, weiß er doch, dass der zukünftige Monarch im In- und Ausland wegen der familiären Nähe zu England misstrauisch beäugt und kaum akzeptiert werden wird. Das Deutsche Reich hat zwar gerade erst einen Krieg hinter sich, rasselt aber schon wieder mit den Säbeln, denn neben Macht und Einfluss geht es natürlich auch um monetäre Erträge.

Es ist eine besondere Atmosphäre, die über diesem historischen Kriminalroman liegt und die der Autor stimmig vermittelt. Alles schwerblütig und verratzt, kaum etwas zu sehen von der Leichtigkeit, die nach der Jahrhundertwende Einzug halten wird. Die Geschichte ist komplex, die Schilderungen auf den ersten Blick nicht immer leicht einzuordnen und über weite Strecken auch nicht vorhersehbar, was ein konzentriertes Lesen erfordert. Am Ende bleiben einige Fragen offen, die hoffentlich in dem Nachfolgeband beantwortet werden. Ich freue mich jedenfalls auf ein Wiederlesen mit Landow und Orsini.